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Archiv-Artikel

Analyse: Das Ende der Arbeitsmarktpolitik Schartaus doppeltes Spiel

Nordrhein-Westfalens SPD-Vorsitzender Harald Schartau wagt ein riskantes Spiel: Der Minister für Wirtschaft und Arbeit will sich aus der aktiven Arbeitsmarktpolitik verabschieden – die damit verbundenen Härten für Arbeitslose weder seiner SPD-Klientel noch dem grünen Koalitionspartner zumuten. Nur deshalb verspricht Schartau im Sozialausschuss des Landtags weitere Fördermaßnahmen des Landes auch für die Masse der Langzeitarbeitslosen.

Einen Ausschuss weiter, nur wenige Minuten später, kann sich der Ex-Gewerkschafter an nichts mehr erinnern, schwenkt plötzlich auf die Linie der Opposition aus CDU und FDP um: Vor den Wirtschaftsexperten des Düsseldorfer Parlaments setzt Schartau nun auf die Modernisierung von Betrieben, für die weitere öffentliche Mittel fließen sollen. Die Hoffnung: Innovative, technologisch vorn liegende Betriebe stellen irgendwann ein.

Damit riskiert der SPD-Chef den offenen Konflikt mit dem Koalitionspartner, mit Gewerkschaften und Trägern der freien Wohlfahrtspflege: Die glauben nicht an Schartaus schöne neue Arbeitswelt, fürchten die langfristige Abkopplung gerade gering qualifizierter Arbeitsloser. In einem Spitzengespräch hatten führende Grüne – darunter Umweltministerin Bärbel Höhn, Parteichefin Britta Haßelmann und Arbeitsmarktexpertin Barbara Steffens – Schartau die Zusage weiterer Landesförderung gerade für Langzeitarbeitslose abgerungen. Denn die sind nicht ohne Grund erwerbslos, leiden an mangelnden Qualifikationen.

Schartaus favorisiertes Konzept, ausgearbeitet von den Vertretern des ehemaligen Wirtschaftsministeriums, kursiert seit Wochen: Die regionale Arbeitsmarktpolitik, bisher von Vertretern von Wirtschaft und Arbeitnehmern, Verbänden und Politik vor Ort im Konsens verhandelt, soll künftig wegfallen – den Mitarbeitern der 30 Regionalsekretariate wurde bereits zum 31. Juli gekündigt. Stattdessen sollen 16 so genannte ‚Regionalagenturen‘ die „Arbeits- als auch die Wirtschafts- und Strukturpolitik“ mit der Landesebene koordinieren, so Schartaus Ministerium. Rund 225 Millionen Euro sollen bis 2007 so zusätzlich in die Wirtschaftsförderung fließen. Landesförderung für Arbeitslose: Fehlanzeige.

Stoppen können den Minister nur die Gewerkschaften – und die SPD. Denn die dürften über Schartaus Schwenk zum Neoliberalismus nicht erfreut sein: Das Wirtschaftsministerium droht das alte Arbeitsministerium zu fressen. ANDREAS WYPUTTA