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Archiv-Artikel

„An die Tradition anknüpfen“

DISKUSSION Drei Professoren reden über den Wandel des Wissenschaftsverständnisses an der Uni

Heidi Schelhowe

■ 62, war mal Lehrerin und ist heute Professorin für „Digitale Medien in der Bildung“ und Konrektorin der Uni Bremen.

taz: Gestern bekam die Uni noch neun Millionen Euro zugesprochen. Heute diskutieren Sie, ob sie sich selbst abschafft.

Heidi Schelhowe: Ich unterstütze diese These nicht, sondern glaube, dass die Uni auf einem ganz guten Weg ist. Zugleich versuchen wir, an die Tradition der Uni des forschenden Lernens und Projektstudiums wieder anzuknüpfen.

Jetzt wird als Innovation gepriesen, was am Anfang der Uni selbstverständlich war und als überholt abgeschafft wurde.

Die Uni Bremen hat damals ein sehr radikales Konzept entworfen – das hatte aber auch seine Schwächen. Das systematische Lernen wurde damals unterschätzt. Ich bin jetzt mit der Idee als Konrektorin angetreten, das forschende Lernen wiederzubeleben und stoße auf viel Zustimmung. Zu Beginn der Bachelor-/ Master-Reform wurden sehr viele Fehler gemacht, so dass es kaum Freiräume für die Studierenden gab. Wir haben das mit der Reform der Reform wieder etwas geöffnet.

Im Uni-Jubiläum ist von diesen früheren Stärken aber kaum die Rede.

Das sehe ich nicht so. Ich selbst zumindest propagiere sie. Mein Traum ist, dass wir wieder überall das Projektstudium haben. Aber eben nicht nur.

Heute diskutieren Sie mit Johannes Beck und Gerhard Vinnai, zwei Vertretern der alten Zeit der Bremer Uni. Wo sehen Sie sich selbst da?

Ich schätze sie sehr, sehe mich nicht ganz auf deren Linie. Im Lehramtsstudium konnten die Studenten damals studieren, was sie wollten. Viele kamen damit aber nicht zurecht, hatten am Ende nicht die Qualifikation, die sie brauchten. Und die Studienzeiten waren seinerzeit sehr lang, die Abbrecherquoten hoch – so sehr wir heute auch schimpfen, dass man so durchs Studium durchhechelt.

Sie selbst waren zunächst Lehrerin, bekamen dann 1981 Berufsverbot, wurden schließlich Informatik-Professorin. Spiegelt das auch die Uni-Geschichte wieder?

Ein Stück weit schon. Damals gab es gut oder schlecht, links oder rechts, DKP oder KBW – und wenig Diskussion darum. Ich glaube, wir können vieles lösen, indem wir versuchen, zu überzeugen. Die Studierenden heute sind da ein Stück weiter als wir damals. Die Grabenkämpfe haben die Idee der Uni damals auch ein Stück weit kaputtgemacht.

Interview: JPB/MNZ

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