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AmtsgerichtNotorischer Stromdieb

■ Entzug der Freiheit für den „Entzug elektrischer Energie“

Im Juni letzten Jahres war in einem Haus in der Kreuzberger Riemannstraße mal wieder das Treppenhauslicht ausgefallen. Ein herbeigerufener Handwerker entdeckt hinter einem Schalter ein Kabel, das da nicht hingehört. Es zweigt Strom von der Lichtanlage ab und führt – gut unter Gips versteckt – in die Wand, die zur Wohnung von Peter B. gehört. Jetzt geht der Hausverwaltung ein Licht auf: Ist dieses Kabel vielleicht der Grund für den zwei Jahre lang fast ums Vierfache erhöhten Stromverbrauch im Treppenhaus? Sie läßt im Beisein eines Bewag-Mitarbeiters die Wohnung, die verlassen, aber nicht geräumt ist, öffnen. Obwohl die Bewag 1991 den Strom gesperrt und den Zähler abgebaut hat, brennt das Licht.

Nun muß sich der 51jährige arbeitslose Kraftfahrer Peter B. wegen des „Entzugs elektrischer Energie“ vor Gericht verantworten. B. hebt ratlos die mageren Schultern. Er habe wirklich keine Ahnung, wie das Kabel dahin gekommen sein könnte. Er habe damit „nischt zu tun“. Seine Familie und er hätten sich mit Petroleumlampen, Kerzen und batteriebetriebenen Geräten über die stromlose Zeit geholfen. Schuld am drastisch gestiegenen Stromverbrauch im Treppenhaus muß die „desolate“ Lichtanlage sein. Auch einen Kabelbrand habe es ja mal gegeben. Außerdem hätten Handwerker bei „baulichen Maßnahmen im Haus“ acht Wochen lang Scheinwerfer verwendet, die „eine Leistung von drei-, vierhundert Watt hatten“.

Dummerweise steht Peter B. nicht zum ersten Mal wegen einer solchen Sache vor Gericht. Er ist bereits dreimal als Stromklau in Erscheinung getreten und hat dafür erst 30, dann 80 und zuletzt 40 Tagessätze Geldstrafe aufgebrummt bekommen. Sein Einwand, „deswegen habe ich das gelassen und nicht mehr gemacht“, hilft ihm wenig. Der Staatsanwalt hält eine zweijährige Freiheitsstrafe auf drei Jahre Bewährung für erforderlich. Die Richterin sieht es genauso und warnt B. vor scharfen Kontrollen in der Bewährungszeit. Einen schwachen Trost hat B., wenn die Bewährung wiederrufen wird: Im Knast ist der Strom kostenlos. Annette Fink

Die nächste Folge von „Amtsgericht“ erscheint kommenden Montag.

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