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Ampel einigte sich auf Schulreform

■ Neu und modern: Autonome Schule und etwas freie Schulwahl

Das neue Bremer Schulgesetz, aus der Kompromiß-Not der Ampel-Koalition geboren, ist „das modernste in Deutschland“, darin sind sich die BildungspolitikerInnen Annelene von Schönfeldt (FDP), Wolfram Sailer (Grüne) und Brinkfriede Kahrs (SPD) einig. Warum? Es betrachtet Gymnasien nicht mehr nur als Relikte auf dem Weg zur integrierten Gesamtschule, sondern erkennt sie an als Regelschulen und bringt wenigstens für die Sekundarstufe II die freie Schulwahl, sagt Annelene von Schönfeldt. Es räumt den Schulen bzw. den „Schulkonferenzen“ eine beispiellos weitreichende Kompetenz ein, das „Profil“ ihrer Schule zu formen, sagt der Wolfram Sailer. Es baut auf den von der SPD geschaffenen Stufen-Schulzentren auf - „da gibt es keinen Schritt zurück“ - und ermöglicht weitere Integrationsprozesse überall dort, wo dies von unten gewollt wird, sagt Brinkfriede Kahrs.

Ein Jahr lang haben die Parlamentarier getagt und um den Komprimiß gestritten. Zufrieden sind SPD und Grüne vor allem deshalb, weil die freie Schulwahl in der Sekundarstufe I verhindert werden konnte: Nur wo 1. die betroffenen Schulen es selber wollen, wo 2. es sich um Schulen „gleicher Sozialstruktur“ handelt und 3. die Kapazitäten es zulassen, sollen einzelne Sek-I-SchülerInnen eine andere Schule als die ihnen zugewiesene besuchen dürfen. „Wenn die SPD dieses Gesetz allein gemascht hätte“, versicherte Kahrs, dann gäbe es auch diese geringe Wahlmöglichkeit nicht - „jedenfalls nicht ab 1995“.

Gespannt sind die BildungspolitikerInnen nun, wie SchülerInnen und Eltern ihre gewachsenen Rechte nutzen und welche Interessen angemeldet werden. Das Gesetz erlaubt eine Dynamik nur in Richtung mehr Integration, versichert Kahrs.

Diese Schulvielfalt von unten herzustellen, „das geht nur mit motivierten Lehrerinnen und Lehrern“, sagt Brinkfriede Kahrs. Dies ist das Problem. Seit Jahren sind kaum jüngere LehrerInnen eingestellt worden, und die „alten“ sind vielfach vom Frust der steckengebliebenen SPD-Bildungsreform der 70er Jahre gebeutelt. Zudem trifft sich die Gewährung von Schulautonomie mit dem Endstadium einer langjährigen Sparpolitik. Vom Sprecher der GEW werden die Autonomie-Pläne deshalb als Variante der Sparpolitik abgelehnt. Natürlich rechnet die Bildungsbehörde damit, daß dezentrale Ressourcenverwaltung sehr viel effektiver sein kann. Der grüne Bildungspolitiker appelliert an die Schulen, die Autonomie auch ohne Finanz-Zuschlag anzunehmen. Zur ausgleichenden Gerechtigkeit fordert er: „Jetzt muß auch die Behörde durchgreifen reformiert und reduziert werden.“ K.W.

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