Amoklauf von Winnenden: Tim K. fand Vorbilder im Netz
Der 17-jährige Attentäter aus Winnenden, der 15 Menschen und sich selbst tötete, recherchierte im Internet vor seiner Tat über frühere Amokläufe an Schulen.
BERLIN dpa/ap/taz | Der Amokläufer von Winnenden hat im Internet nach Vorbildern gesucht. Dies ergab der Ermittlungsbericht einer Sonderkommission, die am Freitag eine Bilanz ihrer Arbeit zog.
Nach Angaben der Kommission verbrachte der 17-jährige Tim K. viel Zeit am Computer. Dort informierte er sich vor der Tat über die Amokläufe am Erfurter Gutenberg-Gymnasium 2002 und an der Columbine High School in Littleton in den USA im Jahr 1999. Die Auswertung seiner Internetaktivitäten ergab auch, dass er seine Zeit unter anderem mit Pokerspielen und Ego-Shooter-Spielen verbrachte - zuletzt am 8. März.
Bei dem Amoklauf am 11. März erschoss Tim K. an der Albertville-Realschule in Winnenden acht Schülerinnen, einen Schüler und drei Referendarinnen. Auf der Flucht tötete er einen Mann, später erschoss er in einem Autohaus in Wendlingen zwei Menschen und dann sich selbst.
Die Beamten gingen 400 Spuren und Hinweisen nach, führten 530 Vernehmungen durch und werteten mehr als 300 DNA-Spuren aus. Doch der Grund der Tat bleibt auch zehn Wochen nach der Tat unklar: Ein erkennbares Motiv gebe es trotz umfassender Ermittlungen nicht, sagte Staatsanwältin Claudia Krauth am Freitag in Waiblingen. Der 17-Jährige habe allein gehandelt und sich vorher niemandem offenbart. Er sei auch nicht von Mitschülern gemobbt worden.
Dass es sich bei 11 der 15 Opfer um Frauen und Mädchen handelte, war von Tim K. offenbar nicht geplant. Er habe sie sich nicht gezielt als Opfer ausgesucht, so die Ermittlungen.
Nach Angaben der Ermittler stand der Täter nicht unter Einfluss von Drogen, Alkohol oder Medikamenten. Er wird in dem Ermittlungsbericht als zurückhaltend beschrieben. Der Täter habe kaum Freunde gehabt, er sei von Zeugen aber nicht als Einzelgänger bezeichnet worden.
Ob der Todesschütze psychisch krank war, steht noch nicht abschließend fest. Bekannt ist, dass er in einem Musterungsvorbereitungsbogen für die Bundeswehr Depressionen geltend machte und mehrere ambulante Sitzungen in einer psychiatrischen Klinik in Weinsberg hatte. Entsprechende Krankenunterlagen müssten aber noch genauer ausgewertet werden, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit.
Einzige Tatwaffe war eine Sportpistole seines Vaters. Dieser hatte sie vorschriftswidrig im Schlafzimmer liegen gelassen. "Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit stammt auch die Tatmunition aus dem Besitz des Vaters", teilt die Polizei mit. "Wie der Täter letztlich in den Besitz der Munition gelangte, ließ sich bislang nicht nachvollziehen." Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Vater wegen fahrlässiger Tötung. NJ
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