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Amnesty ruft zu Protesten zur Situation in Paraguay auf

■ Im Osten des Landes werden Bauernfamilien in einer Siedlung isoliert / Großer Mangel an Lebensmitteln und ärztlicher Versorgung / Zutritt wird Hilfsorganisationen nicht gestattet

Berlin (taz) - In der Siedlung Tavapy II im Osten Paraguays sind 522 Bauernfamilien seit Mitte Dezember von Polizei und Armee eingeschlossen. In einer „urgent action“ (Aufruf zu Protestaktionen durch die Bevölkerung) macht Amnesty International auf die dramatische Lage der Siedlung aufmerksam. Den Bewohnern mangele es an Lebensmitteln wie Öl und Salz, aber vor allem seien sie von der ärztlichen Versorgung abgeschnitten. Viele Einwohner leidenan Magen–, Darm– und Augenkrankheiten. Auch einer von einem Bischof angeführten Kirchendelegation sei der Zutritt zur Siedlung, die niemand verlassen dürfe, verweigert worden. Die eingeschlossenen Bauern hatten das 3.000 Hektar große Land 1983 friedlich besetzt. Die Besitzrechte sind umstritten. Nach paraguayischem Recht müßte der Grundeigentümer die Gerichte bemühen, um eine Landvertreibung zu erreichen. Obwohl dies relativ einfach sei, schreibt Amnesty International, sei dieser Weg nicht beschritten worden. Nach Angaben der französischen Nachrichtenagentur afp ist das Land auf Ersuchen des Chilenen Garcia Kobeler hermetisch abgeriegelt worden. Dieser soll mit dem chilenischen Diktator Pinochet befreundet sein, der seinen Einfluß bei der Regierung in Asuncion geltend gemacht habe. In Paraguay haben Landbesetzungen aufgrund unklar geregelter Besitzrechte Tradition. Doch als sich in den 70er Jahren viele Bauern in den „Ligas Agrarias“ zusammenschlossen, schritt die Diktatur Stroessners zur Repression. Zahlreiche Bauern wurden festgenommen, gefoltert, „verschwanden“. Im April 1980 berichtete ai über die Festnahme von Hunderten von Kleinbauern und die Ermordung von 20 Personen. Die Siedler von Tavapy II sind nach Angaben von ai seit 1984 Opfer willkürlicher Festnahmen und Repressalien durch die Polizei. In ihrer „urgent action“ fordert ai Bewegungsfreiheit für die Siedler, Ermöglichung ärztlicher Versorgung und freien Zutritt von Hilfsorganisationen und Kirchenangehörigen.

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