: Amerikanische Innereien
Bei der Film- und Veranstaltungsreihe „Home of the Braves“ gibt’s gruselige Innenansichten aus Gottes eigenem Land
Zurzeit erleben filmische Dokumentationen, die sich mit alltäglichen Ereignissen in verschiedenen Gesellschaften beschäftigen, einen wahren Boom – man denke nur an „Sein und Haben“ und „Bowling for Columbine“ als Beispiele einer netten und einer deutlich brutaleren Themenvariante. Unterdrückte Arbeiter, ausgebeutete Minderheiten, alltägliche Einschränkungen der Bürgerrechte nach dem 11. September und USA-Kult in seiner extremsten Form: Die Realität, und wohl insbesondere die der US-amerikanischen Gesellschaft, kann ergiebiger als jede Fiktion sein.
Diese Fülle an Stoff haben sich die Filmemacher zu Nutzen gemacht, deren Dokumentationen ab heute bei der Film- und Veranstaltungsreihe „Home of the Braves“ im Kino Lichtblick laufen. Die Regisseure, größtenteils selbst US-Amerikaner, ermöglichen einen Blick auf gesellschaftliche Missstände aus der Innenperspektive. So sind skurrile, oft erschreckende und mitunter unglaubliche Szenarien zu sehen: In Branson, Missouri, geografisches „Herz Amerikas“ und Mittelpunkt von Rick Minnichs Dokumentation „Heaven on Earth“, trifft man auf das Extrem des christlich-patriotischen US-Amerikaners, der die Geburt Jesu mit der Geburt der USA gleichsetzt und den Abwurf der ersten Atombombe als „verdammt gut gemacht“ beschreibt.
Die Situation der geschätzten neun bis elf Millionen illegalen Einwanderer, die Bilderpolitik des Golfkriegs und Menschenrechtsverletzungen an der Grenze zwischen Mexiko und den USA sind nur einige von zahlreichen weiteren Themen der Dokumentationen und Vorträge des Programms. Zusätzlich werden Kurzfilme des unabhängigen, politischen „Lost Film Festivals“ aus Philadelphia erstmalig in Berlin zu sehen sein sowie auch weiteres Kratzen am Mythos „Amerika“ in „The Big One“ von dem alten Bekannten „Shame on you, Mr. Bush!“-Michael Moore. TIG