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American PieArizona siegt beim Wildkatzenrennen

■ Ein Außenseiter gewinnt die Meisterschaft im College-Basketball

Bye-bye, Miss American Pie

Die Arizona Wildcats waren die großen Triumphatoren des Final Four-Wochenendes im College-Basketball, nachdem sie Titelverteidiger Kentucky in der Verlängerung mit 84:79 in die Knie gezwungen hatten und den ersten Titel ihrer Geschichte feiern durften. Daß die Gewinner „Wildcats“ sein würden, stand allerdings schon vor dem Endspiel in Indianapolis fest, ebenso daß beide Teams spielen würden, wie es Mannschaften zukommt, die einen derartigen Namen tragen. „Es wird so sein, als ob man ein Tennismatch anschaut“, hatte Arizona-Coach Lute Olson die Zuschauer gewarnt, „die Leute sollten besser ein wenig Nackengymnastik machen, bevor sie herkommen.“ Schnell, bissig, geschmeidig, das ist der Stil, der die beiden Wildkatzenteams aus Arizona und Kentucky in dieses Endspiel gebracht hatte, und entsprechend präsentierten sie sich auch dem Publikum im RCA Dome der Hauptstadt von Indiana.

„Sie rennen gern, wir rennen gern“, beschreibt Arizona- Spielmacher Mike Bibby einen Stil, der in der Profiliga NBA zunehmend aus der Mode gerät, obwohl die Seattle SuperSonics auf diese Weise im letzten Jahr bis ins Finale gelangten. Es kommt dabei darauf an, den Gegner mit einer aggressiven Preßdeckung früh, möglichst schon in seiner Hälfte, unter Druck zu setzen, panische Pässe oder Dribblings zu provozieren, ihm den Ball abzunehmen und mit schnellen Kontern zu leichten Punkten zu kommen.

Die Mannschaft aus North Carolina war von dieser Spielweise ihrer Gegner aus Tucson so verwirrt, daß sie im Halbfinale lediglich eine Trefferquote von 31 Prozent zustande brachte, die niedrigste Quote der letzten 17 Jahre. Shammond Williams, einer der Stars des Teams vom erfolgreichsten College- Trainer Dean Smith, kam beim 58:66 gegen Arizona nur auf drei Punkte, und auch Ademola Okulaja brachte es bloß zu drei Zählern, holte aber immerhin 10 Rebounds. Der deutsche Nationalspieler war dennoch zufrieden: „Es hat ein paar Tage gedauert, bis wir realisiert hatten, daß wir in den Final Four sind, und es wird ein paar Tage dauern, bis wir realisieren, daß wir verloren haben – aber wir hatten eine große Serie.“

Noch hilfloser als die Tar Heels aus Carolina waren die Final Four-Newcomer aus Minnesota beim 69:78 gegen Kentucky, obwohl sie sich tagelang akribisch auf die Spielweise der Wildcats vorbereitet hatten. „Wir kamen raus und hatten Angst“, sagte Bobby Jackson, der sich mit 23 Punkten noch recht gut hielt. 26 Ballverluste der Golden Gophers waren jedoch zuviel, um dem Vorjahressieger ernsthaft Paroli bieten zu können. „Es ist unmöglich, den Druck, den wir ausüben, im Training nachzustellen“, sagte Kentucky-Spieler Anthony Epps danach selbstbewußt, „sie glauben vielleicht, daß sie wissen, wie wir sind, aber sie wissen es nicht, bis sie gegen uns spielen.“

Arizona schien es zu wissen. Immer wieder durchbrachen die Spieler die Preßdeckung von Kentucky und setzten ihrerseits den hochgelobten Sophomore Ron Mercer, der im Sommer in die NBA wechselt, derart unter Druck, daß dieser eines seiner schlechtesten Spiele der Saison machte. „Das ganze Jahr lang hat niemand so gegen mich gespielt“, staunte Mercer, der nur 13 Punkte warf, „jedesmal, wenn ich mich gedreht habe, hatten sie jemanden, der auf mich wartete.“

Auf der anderen Seite spielte Miles Simon, der in North Carolina abgelehnt worden war, bevor er nach Tucson ging, die Partie seines Lebens – seines bisherigen zumindest. Sein Karriereoptimum von 30 Punkten war der Grundstein für den Triumph der südwestlichen Wildcats. „Er ging raus und tat die kleinen Dinge, die man braucht, um zu gewinnen“, lobte Kontrahent Mercer. Am Ende schnappte sich Miles Simon den Spielball, welchem er einen Ehrenplatz in seinem Heim zugedacht hat: direkt neben dem Ablehnungsschreiben aus North Carolina. Matti Lieske

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