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American PieDynastie der Bullen

■ Coach Phil Jacksons neuer Vertrag bringt Kontinuität bei Jordan & Co.

I was a lonely teenage broncin' buck

Ein gewaltiges Aufatmen rauschte letzte Woche durch Chicago: Michael Jordan macht weiter. Nicht daß der Superstar des NBA-Klubs Chicago Bulls bereits einen Vertrag für die neue Saison unterzeichnet hätte, dafür ist er viel zu sehr mit anderen Aktivitäten, zum Beispiel Golf, beschäftigt, und sein Agent weilt ohnehin in den Ferien. Dennoch hat niemand mehr einen Zweifel an Jordans Rückkehr, seit ein anderer Urlauber einen neuen Einjahreskontrakt erhalten hat: Phil Jackson, Zen-Philosoph, Ex-Hippie, Grateful-Dead-Fan, Basketballchampion als Spieler der New York Knicks 1973 und ganz nebenbei jener Coach, der die Bulls in den letzten sieben Jahren zu fünf NBA-Titeln führte. Jacksons Wiederverpflichtung war die einzige explizite Bedingung, die Jordan für ein weiteres Jahr in Chicago genannt hatte, auch wenn stets klar war, daß ein Transfer von Scottie Pippen oder ein Lohn von weniger als 35 Millionen Dollar für die nächste Saison kaum seinen Beifall finden würden. Er denke nicht daran, sich in seinem Alter (33) noch an einen neuen Trainer zu gewöhnen oder gar bei einem Neuaufbau mitzuwirken, hatte Jordan postuliert. Seine Fürsprache war bitter nötig, um Jackson den Job zu erhalten. Zum einen waren angesichts der ungeheuren Gehälter, die Coaches wie Rick Pitino (7 Millionen Dollar pro Jahr in Boston), Larry Bird (4 Millionen in Indiana) oder Larry Brown (5 Millionen in Philadelphia) ausgehandelt hatten, seine Gehaltsvorstellungen beträchtlich nach oben geschossen, zum anderen wollten ihn Besitzer Jerry Reinsdorf und Manager Jerry Krause liebend gern loswerden. Vor allem Krause verstand sich nicht mehr mit ihm, und sein Favorit, Tim Floyd von Iowa State, stand längst als Nachfolger bereit. Hätten die Bulls nicht den Titel geholt, wäre die Neuformierung des Teams unvermeidlich gewesen. Nach dem Finalsieg gegen Utah Jazz blieb „den beiden Jerrys“ jedoch nichts anderes übrig, als der alten Mannschaft noch eine Chance zu geben, zumal sie es nicht schafften, Scottie Pippen vorteilhaft an einen anderen Klub loszuwerden.

„Wir haben das Recht, zu verteidigen, was wir haben, bis wir es verlieren“, hatte Jordan gleich nach dem Titelgewinn gefordert, „wenn wir es verlieren, kann man sich die Sache ansehen und sagen, okay, laßt uns was ändern.“ Eine Devise, der die Bulls mit der Jackson-Verpflichtung schließlich folgten. Sechs Millionen Dollar konnte Todd Musburger, der Agent des Coachs, herausschlagen, aber erst nachdem sich der Boß selbst in Jacksons Urlaubsort nach Whitefish, Montana, begeben hatte. Krause war nicht in der Lage, sich mit Jackson zu einigen, und Musburger hatte sein erstes Angebot sogar als „Beleidigung“ bezeichnet. „Sie waren drei Millionen Dollar auseinander, und ich konnte sehen, daß die Verhandlungen nirgendwohin führten“, erläuterte Reinsdorf seinen Trip nach Montana.

Er gab dem 51jährigen Jackson, was dieser wollte, und für Anfang September wird jetzt die Unterschrift Jordans unter einen neuen Vertrag, der um die 36 Millionen liegen dürfte, erwartet. Das bedeutet, daß die Chicago Bulls praktisch mit ihrem alten Team in die neue Saison gehen werden, und, man staune, sogar Dennis Rodman wird vermutlich dabeisein. Nicht nur Jackson, sondern auch Jordan und Pippen haben deutlich gemacht, daß sie den bunten Rebounder, der im Finale gegen Utah seltsam zahm war, wieder in ihrer Mannschaft haben möchten. „Natürlich dreht er ab und zu durch“, hatte Jordan, nach gewonnenem Finale genüßlich an einer Champagnerflasche nuckelnd, den staunenden Journalisten gesagt, „aber ihr könnt keinen anderen Spieler finden, der auf dem Basketballfeld so hart arbeitet wie Dennis Rodman. Ich habe kein Problem mit Dennis.“

Ein weiteres Jahr der Bulls- Dynastie scheint gesichert, aber was dann? „Ich möchte herausstellen, daß es das letzte Jahr ist“, hatte Jerry Krause nach Phil Jacksons Vertragsverlängerung vorsorglich gesagt. Agent Todd Musburger war nicht so sicher: „Phil freut sich auf nächstes Jahr. Wir wissen nicht, was dann passieren wird.“ Matti

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