piwik no script img

American PieErfolg macht arbeitslos

■ Whalers werden Hurricanes: Mit allerlei Neuerungen startet die NHL in die Saison

And moss grows fat on a

rollin' stone

Konservatismus kann man den amerikanischen Profiligen in letzter Zeit nicht vorwerfen. Auch in der National Hockey League (NHL) wird gern umgezogen. Vor zwei Jahren wurde aus Quebec Nordiques die Colorado Avalanche, und vor der

letzten Saison mutierten die Winnipeg Jets zu den Phoenix Coyotes. Und die Hartford Whalers heißen jetzt Carolina Hurricanes – auch eine Tradition. Und das wird so weitergehen: „Wir brauchen Kanada“, sagt zwar NHL-Commissioner Gary Bettman, „wir werden alles tun, um diesen Trend umzukehren.“ Aber es sieht so aus, als könne das Geburtsland des Sports demnächst NHL-frei sein. Die Calgary Flames, die Ottawa Senators und selbst die ruhmreichen Edmonton Oilers haben finanzielle Schwierigkeiten. Peter Pocklington, Besitzer der Oilers, will verkaufen, aber niemand mag die 71 Millionen US-Dollar aufbringen. Die Stadt Houston hat bereits Interesse angemeldet, nachdem sich erst vor kurzem das lokale Football-Team gen Tennessee verabschiedete. Das hieß übrigens Houston Oilers. Vielleicht können die ja ihr altes Briefpapier gleich nach Edmonton schicken.

Noch eine Tradition hat sich in letzter Zeit in der NHL durchgesetzt: Feuere deinen Trainer, wenn er zu erfolgreich wird. Dieses Schicksal ereilte Terry Murray, der die Philadelphia Flyers immerhin in die Stanley-Cup-Finals coachte, ebenso wie Ted Nolan, der für den überraschenden Erfolg seiner Buffalo Sabres zum Trainer des Jahres gewählt worden war. Beide Kandidaten hatten den Fehler gemacht, es sich mit ihren Stars zu verscherzen. Murray sprach angeblich zuwenig mit Eric Lindros, und Sabres- Goalie Dominik Hasek weigerte sich schlicht, mit seinem Coach zu reden. Erfolg war auch Ron Wilson nicht zuträglich: Mit ihm erreichten die Anaheim Mighty Ducks zum ersten Mal in ihrer Klubgeschichte die Playoffs. Und das, obwohl Wilson glaubte, der Disney- Konzern, dem die Franchise gehört, sei zu geizig, ihm eine vernünftige Mannschaft zu kaufen. Das hat er dann laut gesagt. Jetzt ist Wilson arbeitslos.

Verändert haben sich auch einige Spieler. So dauerte die Reunion der beiden Sandkastenkumpels Wayne Gretzky und Mark Messier bei den New York Rangers nur eine Spielzeit. Die Rangers wollten Messier nur einen Ein-Jahres-Vertrag geben, also ging der Center nach Vancouver, wo ihm die Canucks 21 Millionen für drei Jahre zahlen. Als Ersatz kam am Montag aus Buffalo Pat LaFontaine. Der hat zwar verletzt in den letzten vier Jahren 60 Prozent seiner Spiele aussetzen müssen, aber sollte er seine diversen Gehirnerschütterungen richtig ausheilen, sind die Rangers plötzlich wieder Mitfavorit.

Und noch eine Neuerung: Im Februar 1998 wird die NHL-Saison für zweieinhalb Wochen unterbrochen, damit bei den Olympischen Spielen in Nagano endlich mal tatsächlich die Besten für Kanada, die USA, Rußland, Finnland, Schweden und die Tschechei spielen können. „Wir sind ein Novum“, sagt Bettman, „und müssen daraus Kapital schlagen.“ Den Werbeeffekt nutzen, den positiven Trend der letzten Jahre weiterführen, es der NBA nachmachen. Die Spieler sind allerdings Mark Messier ist jetzt ein Vancouver CanuckFoto: Reuters

nicht uneingeschränkt begeistert: Man stelle sich vor, der Ami Brian Leetch checkt den Kanadier Wayne Gretzky krankenhausreif. Wenige Tage später wollen sie zusammen bei den Rangers den Stanley Cup gewinnen. St. Louis' Flügelflitzer Brett Hull freut sich schon auf eine „unglaubliche Erfahrung“ in Nagano. Thomas Winkler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen