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American PieDie 49ers lernen laufen

■ Im Halbfinale der NFL kommt es zum Knüller San Francisco gegen Green Bay

Drove my chevy to the levee, but the levee was dry

Steve Mariucci kann sich noch genau an den Tag im letzten Jahr erinnern, als ihn Carmen Policy, der Boß des Football- Klubs San Francisco 49ers, fragte, ob er nicht Chefcoach bei seinem Team werden wolle. „Ich stand am Flughafen in Ontario, Kalifornien“, erzählt der 42jährige, „und sagte: ,Err, aah, nun, ja.‘ Dann legte ich auf und fragte mich, wie wir die Packers schlagen können?“

Wenn es einer wissen muß, dann Mariucci, denn der war bis zu seinem Amtsantritt bei den 49ers vier Jahre lang Quarterback-Trainer der Green Bay Packers. Zweimal hat das Team aus Wisconsin den Kaliforniern in den letzten beiden Jahren den Weg zur Super Bowl verbaut, nicht zuletzt dank Steve Mariucci, der maßgeblich daran beteiligt war, daß Packers-Quarterback Brett Favre zu einem Meister in seinem Fach wurde. Vor allem dank Favres Leistungen gewann Green Bay die letzten drei Partien gegen San Francisco, davon zwei in den Play- offs. 1995 siegten die Packers mit 27:17 im Candlestick Park der 49ers und scheiterten danach an den Dallas Cowboys, ein Jahr später gewannen sie zu Hause und holten sich schließlich ihre erste Super Bowl seit 30 Jahren. Am Sonntag treffen beide Teams in San Francisco erneut aufeinander, und es geht um nichts Geringeres als den Einzug in die Super Bowl XXXII am 25. Januar in San Diego, entweder gegen Denver oder Pittsburgh.

„Es war unsere Hoffnung und unser Traum, im NFC-Meisterschaftspiel gegen die Packers anzutreten“, freut sich Mariucci. Fehlt bloß noch das Rezept zum Sieg, aber auch das hat der Coach parat. Es heißt: „Mehr laufen.“ Bei seinem Vorgänger George Seifert waren die 49ers als eine Mannschaft berühmt und beliebt, deren Quarterbacks Joe Montana und Steve Young mit wunderbaren, langen Pässen glänzten. Das Laufspiel wurde vernachlässigt. In den letzten Jahren reichte das nicht mehr, zu leicht war das Konzept des fünfmaligen Champions auszurechnen. Bezeichnend das verlorene Match gegen Green Bay 1995, als Steve Young einen Play-off-Rekord von 65 Pässen warf und der beste Läufer des Teams war. So etwas soll nicht mehr vorkommen. „Ich will ihn keine 30 Mal so sehen, geschweige denn 60“, sagt Mariucci.

Mit Garrison Hearst wurde ein starker Running Back geholt, und als dieser im Viertelfinale gegen Minnesota verletzt war, sprang Ersatzmann Terry Kirby mit 120 Yards erfolgreich in die Bresche. Steve Young warf zwar immer noch seine präzisen Pässe, aber er bekam viel mehr Ruhepausen durch vermehrtes Laufspiel und war auch nicht so oft in Gefahr, bei der Suche nach dem idealen Paßweg überrannt zu werden. Ihre Läufe brachten den 49ers 16 Minuten mehr Ballbesitz als Minnesota, was der Abwehrformation zugute kam, die solange verschnaufen und neue Kräfte sammeln konnte.

„Wir sind jetzt ein anderes Team“, ist Mariucci sicher. „Ich glaube und ich hoffe, daß wir diesmal besser gegen sie spielen können.“ Allein auf den Heimvorteil, das hat sich 1995 gezeigt, können sich die 49ers jedenfalls nicht verlassen. Matti Lieske

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