American Pie: Fort, ihr Maulaffen!
Baseball-Liga sperrt Pitcher John Rocker wegen Allround-Diskriminierung
The day, the music died
„Vielleicht solltest du denken, bevor du dein großes, fettes Maul aufmachst“, lautete ein wohl gemeinter Ratschlag an John Rocker auf der ihm gewidmeten Webseite www.rockersucks.com. Der Ersatzpitcher des Baseball-Clubs Atlanta Braves ließ sich nicht lange bitten und tat genau das Gegenteil. In der Sports Illustrated schimpfte er über New York, weil man da in der Metro „neben Schwulen mit Aids“ sitzen müsse, über Ausländer, die er nicht leiden mag („Wie zur Hölle sind die alle in das Land gekommen?), titulierte die Fans der von ihm besonders gehassten New York Mets als „einen Haufen Ärsche“ und seinen dominikanischen Teamkollegen Randall Simon als „fetten Affen“.
Angesichts der Empörung über die Ausfälle des 25-Jährigen sah sich sogar die sonst recht langmütige Major League Baseball (MLB) zum Handeln genötigt. Am Montag verurteilte sie Rocker zu einer Strafe von 20.000 Dollar und Teilnahme an einem „Sensibilitätstraining“. Außerdem wurde er bis zum 1. Mai gesperrt, weil er, so Commissioner Bud Selig, „praktisch jedes Element der Gesellschaft“ beleidigt habe. Die Spielergewerkschaft will gegen die Suspendierung vorgehen, die – abgesehen von einigen Drogenfällen – die längste seit 1977 ist. Damals wurde ein Baseballprofi für 30 Tage gesperrt, weil er den Team-Manager verprügelt hatte.
Rockers Sperre beträgt faktisch 28 Tage, da die Saison am 3. April beginnt. Allerdings ist er auch für die Saisonvorbereitung gesperrt, sehr zur Erleichterung von John Schuerholz, dem Generalmanager der Braves. „Das Thema wird nicht diskutiert werden. Wir können einfach unseren Job tun“, freut er sich darüber, dass ihm durch die Abwesenheit Rockers größerer Presserummel im Trainingsquartier von Kissimmee, Florida, erspart bleibt.
John Rocker hatte schon für Wirbel gesorgt, als die Braves gegen die Mets um den Einzug in die World Series spielten, in der sie dann den New York Yankees unterlagen. Im Shea-Stadium von Queens spuckte er nach den Mets-Anhängern, zeigte ihnen den Mittelfinger, deutete Ballwürfe in ihre Richtung an und zog in den Medien ständig über sie her. Die Fans revanchierten sich, indem sie Rocker mit Batterien bewarfen, „Arschloch“-Sprechchöre anstimmten und ihn mit Bier begossen. Seine Äußerungen in Sports Illustrated zogen heftige Reaktionen von Offiziellen der Atlanta Braves wie der schwarzen Baseball-Legende Hank Aaron nach sich und machten Rocker zum Running Gag in den Shows von David Letterman, Jay Leno und Conan O’Brien.
Der Pitcher bequemte sich schließlich zu einer halbherzigen Entschuldigung für seine „unglücklichen Bemerkungen“. Ob ihm das helfen wird, wenn er in den Kreis der Mannschaft zurückkehrt, ist fraglich. Eines immerhin kann ihm nach eigener Einschätzug niemand nehmen: „Egal, was passiert, meine Eltern werden mich immer lieben.“ Solange er sie nicht als fette Affen bezeichnet ... Matti Lieske
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