Am eigenen Blut erstickt: Neonazi unter Totschlagverdacht
Die Magdeburger Polizei hat einen rechten Gewalttäter festgenommen. Der wegen Volksverhetzung vorbestrafte Mann soll am Wochenende einen Mann totgeschlagen haben.
BERLIN taz Die Mordkommission der Magdeburger Polizei hat am Montag einen 20-jährigen Rechtsradikalen festgenommen. Er steht unter dem dringenden Verdacht, in der Nacht von Freitag zu Samstag den gleichaltrigen Rick L. aus Magdeburg getötet zu haben. "Wir haben deutliche Hinweise", sagte eine Sprecherin der Polizeidirektion Nord am Dienstag der taz. Die Staatsanwaltschaft Magdeburg ermittelt.
"Der Täter ist wegen Volksverhetzung und gefährlicher Körperverletzung vorbestraft", so die Polizeisprecherin weiter. Er sei klar der rechten Szene zuzuordnen. Erst im Februar 2008 war er aus der Haft entlassen worden.
Nach Informationen der taz handelt es sich bei Sebastian O. um ein aktives Mitglied der gewaltbereiten rechten Szene. Er soll im Jahre 2006 bei einem Überfall auf einen Togolesen beteiligt gewesen sein. In der Nacht von Freitag zu Samstag traf er auf Rick L. Dieser hatte im Sommer 2007 sein Abitur abgelegt und studierte laut der Magdeburger Volksstimme seit diesem Jahr Kunstwissenschaft, Design und Geschichtswissenschaft in Braunschweig.
Am Freitagabend besuchte Rick L. eine Diskothek in seiner Heimatstadt. Diese gilt nach Polizeiangaben als Kriminalitätsschwerpunkt. Was dort genau geschah, ist noch unklar.
Nach Polizeiangaben fand ein Spaziergänger am frühen Samstagmorgen in der Nähe der Dis- ko "einen leblosen Körper" und informierte die Polizei. Diese stellte in einer ersten Untersuchung deutliche Spuren "stumpfer Gewalt" fest. Die Obduktion erbrachte als Todesursache "Blut-Aspiration" - Rick L. war an seinem eigenen Blut erstickt.
Warum er zum Opfer wurde, ist ebenfalls nicht geklärt. "Er war ein ganz normaler junger Mann", sagte die Polizeisprecherin. Fest steht, dass er weder dunkelhäutig war noch in der linken Szene aktiv. Der Festgenommene hat bisher kein Geständnis abgelegt und schweigt über seine Motive.
"In Magdeburg gibt es wie in anderen ostdeutschen Großstädten eine gewaltbereite rechte Szene", berichtete David Begrich, Mitarbeiter der Arbeitsstelle Rechtextremismus beim Verein Miteinander e. V. "Aus dieser sind in den letzten Jahren immer wieder Übergriffe verübt worden." Der gewaltbereite politisierte Kern bestünde aus bis zu 25 Personen, im weiteren Umfeld seien etwa 60 bis 70 Personen aktiv, sagte Begrich weiter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter