piwik no script img

■ Am RandeDie Sachsen-Kasperl

„Das Ganze is a Kasperltheater“, polterte Otto Altendorfer in seinem Bayerisch, während es sein Widersacher Detlef Kühn gewählter ausdrückte: Es freue ihn nicht, daß die Probleme der sächsischen Landesmedienanstalt (SLM) „zur Erheiterung der medieninteressierten deutschen Öffentlichkeit beitragen“. Die beiden können es beurteilen, spielen sie doch die Hauptrollen in einer Provinzposse, wie sie sich wohl nur in Sachsen zutragen kann.

Der Reihe nach: 1995 änderte die Sachsen-CDU das Privatfunkgesetz. SLM-Direktor Kühn sollte nur noch wenig zu sagen haben, möglichst viel hingegen ein neuer CDU-dominierter Medienrat, der Otto Altendorfer (früher im Management des Berliner Dudelfunks Radio Hundert,6) zum Präsidenten kürte. Doch wer ist nun Kasperl, wer ist Seppl? So recht weiß das niemand: In der heutigen Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) in Ludwigshafen, in der üblicherweise pro Anstalt nur ein Vertreter sitzt, tauchen nun wohl beide auf.

Im Vorfeld hatte Kühn versucht, seinem Gegner per einstweiliger Verfügung verbieten zu lassen, zur DLM zu fahren – doch zwei Instanzen lehnten die Eilanträge ab. Die Oberverwaltungsrichter hielten das Gesetz für zu widersprüchlich, um im Eilverfahren zu entscheiden. Alles sei „immer noch unklar“, sagt Kühn, also werde er weiterhin in der DLM erscheinen. Indes läßt Altendorfer für alle Fälle den Medienrat beschließen, daß nur er zur DLM darf und rechnet vor: Staatskanzlei, zwei Gerichte und ein Medienrat – „vier zu null für den Präsidenten“. Und wenn Kühn zur nächsten Sitzung fahre, werde sich der Medienrat Gedanken machen müssen. Am liebsten würde er ihn wohl abschießen, aber dazu braucht er im fünfköpfigen Medienrat vier Stimmen, und dummerweise fahren dort inklusive des Bayern „nur“ drei auf CDU-Ticket. Kühn träumt hingegen davon, daß das Verfassungsgericht das CDU-Privatfunkgesetz samt Medienrat und Altendorfer zur Hölle fahren läßt. Einstweilen reisen noch beide zur DLM (Altendorfer: „Ich mit der Bahn, der Kühn mit dem Flugzeug.“) Bei gegensätzlichem Abstimmverhalten verfällt Sachsens Stimme.Georg Löwisch

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen