: Am Golf fallen die ersten Schüsse
■ Drei US-irakische Zwischenfälle auf hoher See / Auch nicht-irakische Schiffe gestoppt / Sudanesischer Frachter abgefangen / Jordanien protestiert / Saudi-Arabien will Ölförderung erhöhen
Akaba/Washington/Manama (ap/ adn/afp/dpa) - Die USA machen mit ihrer Politik einer völligen Blockade des Irak ernst. Ein amerikanisches Kriegsschiff hat laut einer Meldung der irakischen Nachrichtenagentur 'ina‘ gestern Schüsse auf einen irakischen Tanker im Persischen Golf abgegeben. Es ist der dritte derartige Zwischenfall zwischen amerikanischen und irakischen Schiffen. Am Samstag wurden nach US-Angaben auf einen irakischen Tanker im Golf von Oman sechs Warnschüsse abgefeuert, während ein zweiter Tanker im Persischen Golf drei Schüsse vor den Bug erhielt. Die Schiffe hätten ihre Fahrt fortgesetzt, US-Kriegsschiffe folgten ihnen aber im Kielwasser. 'ina‘ bestätigte den Zwischenfall und fügte hinzu, die Kapitäne der Tanker hätten sich geweigert, ihre Schiffe durchsuchen zu lassen. Bereits am Freitag hatte die US-Marine im Persischen Golf zwei irakische Frachtschiffe gestoppt. Sie waren leer und konnten weiterfahren.
Ebenfalls gestern hat die US-Marine nach Angaben der jordanischen Regierung ein unbeladenes sudanesisches Schiff davon abgehalten, in den jordanischen Hafen Akaba zu fahren. Die jordanische Regierung protestierte am Sonntag offiziell beim US-Botschafter in Amman gegen die Aktion. Wie der jordanische Außenminister Marwan el Kassem gegenüber 'afp‘ sagte, habe sich der US-Botschafter entschuldigt, es sei ein Versehen gewesen. Aus politischen Kreisen in Amman wurde berichtet, daß Jordanien erwäge, die US-Aktion gegen das sudanesische Schiff dem UNO-Sicherheitsrat vorzubringen. Denn der Zwischenfall mache klar, welch große Schäden durch die US-Marine für Jordanien entstehen könnten, wenn sie jetzt sogar schon leere Schiffe daran hindere, den einzigen jordanischen Hafen anzulaufen. Nach Angaben von Kassem hat die US-Marine das sudanesische Schiff zur Umkehr gezwungen, obwohl der Kapitän erklärt hatte, seine Laderäume seien leer. Er fahre nach Akaba, um Sudaneser in ihre Heimat zurückzubringen, die aus Irak nach Jordanien geflohen waren.
In jordanischen Schiffahrtskreisen werden nun Zweifel an der Effektivität der amerikanischen Blockadepolitik laut. So könnten die US-Schiffe nicht zwischen Waren für den Irak und für Jordanien unterscheiden, hieß es in Akaba. Nach Auskunft des Hafenmeisters von Akaba trafen dort am Samstag 17 Schiffe ein. Rund 40 Prozent der dort gelöschten Güter seien für Jordanien, der Rest für Irak, Syrien und Saudi-Arabien bestimmt.
Die Aktionen der US-Marine erfolgen im Rahmen einer Pentagon-Anweisung zur Durchsetzung der US-Blockade. Das Pentagon hat sogenannte Abfangzonen in den internationalen Gewässern rings um Irak und Kuwait festgelegt. Der Blockadebereich umfaßt den gesamten Golf von Oman, den Persischen Golf südlich des 27. Breitengrades und den Zipfel des Roten Meeres nördlich des 27. Breitengrades, womit die Einfahrt zum Golf von Akaba gesperrt ist. Die exakten Durchführungsanweisungen für die Blockade sind zwar geheim, Pentagon-Sprecher Pete Williams teilte jedoch mit, daß ein Schiff, das die Auskunft über Route und Fracht verweigert, geentert und durchsucht werden kann. Sollte sich die Besatzung dem widersetzen, kann sie in Gewahrsam genommen und in einen anderen Hafen gebracht werden. Die Flottenkommandeure seien ermächtigt, die „notwendige Minimalgewalt“ einzusetzen. Dies soll den Warnschuß vor den Bug einschließen, jedoch kein gezieltes Feuer auf die Steuereinrichtung des Schiffes. Die USA handeln jedoch offenbar auch außerhalb dieser „Abfangzonen“. Ein Beamter der Suez-Kanal-Verwaltung berichtete am Samstag, man habe den Funkverkehr eines US-Kriegsschiffes mitgehört, in dem die Besatzung vor der Kanalmündung im Mittelmeer Handelsschiffe nach Ausgangs- und Zielhafen sowie nach Art der Ladung befragt habe. Das Schiff liege fünf Seemeilen außerhalb der ägyptischen Hoheitsgewässer. Am Sonntag erhielten die französischen Kriegsschiffe im Golf aus Paris eine Anweisung, Maßnahmen zur Einhaltung des Embargos gegen Irak mit „Entschlossenheit“ durchzusetzen. Der Sprecher des französischen Außenministeriums gab jedoch keine Auskunft darüber, wie weit diese Entschlossenheit geht.
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