Altruismus im Kapitalismus: Wenn Millionäre ihr Vermögen spenden : Gutsein als Wirtschaftsfaktor
Unter den Finanzinvestoren war Warren Buffet längst eine Legende. Nun kennt ihn auch der Rest der Welt. Denn der – nach Bill Gates – zweitreichste Mann des Planeten will rund 85 Prozent seines Vermögens verschenken: Etwa 37 Milliarden Dollar sollen in den nächsten Jahren an wohltätige Zwecke fließen, insbesondere für die Bildung. Gehen da Kapitalismus und Altruismus, gehen Gewinnstreben und Gutsein also doch zusammen?
Natürlich gehen sie zusammen. Aber natürlich gibt es auch den dunklen Fleck auf der weißen Weste des Altruismus: Mag es auch schön sein, wenn Reiche aus freien Stücken teilen, so wohnt dem Geist eines solchen Altruismus doch auch immer inne, dass die Privaten schon einspringen werden, wenn der Staat nicht mehr für Soziales, für Bildung und für eine gerechte Umverteilung sorgt.
Wo dieser Geist herrscht, ist Altruismus nicht die Lösung des Problems, sondern Teil des Problems – insbesondere dann, wenn er für die Heilung von Wunden sorgen soll, die auf den The-Winner-Takes-It-All-Märkten dieser Welt erst geschlagen werden.
Gleichzeitig zeigen solche märchenhaften Geschichten auch, dass Kapitalismuskritik recht schnell eine blöde Figur macht, wenn sie sich in Kapitalistenkritik erschöpft. Gierig, böse, vampirhafte Blutsauger sind die meisten Unternehmer nicht – schon allein deshalb, weil viele es sich gar nicht leisten können. Große Konzerne leben davon, dass sich ihre Mitarbeiter mit ihnen identifizieren und nicht für sie genieren wollen. Insbesondere wenn es sich um globale Markenunternehmen handelt, leben sie davon, dass sie mit einem positiven Image verbunden werde. Gier ist dann ein Risiko.
Er liegt im Trend: der humane Unternehmer, der Schulen neben die Fabrik baut und in dessen Bewusstsein Fair Trade eine große Rolle spielt – all das gilt heute als Investition in das Markenimage.
Für Warren Buffets Entscheidung mag das keine Rolle gespielt haben. Aber für die vielen tausend Power-Brands ist klar: Gutsein ist ein Wirtschaftsfaktor. Man kann sagen, dass das auf zynische Kalkulationen hinausläuft. Aber es sind oft solche zynischen Kalkulationen, die die Welt zu einem etwas besseren Platz machen. ROBERT MISIK