: Alternative Mobilität: Rent-A-Helicopter
■ Die Berliner suchten nach alternativen Fortbewegungsmitteln: Manche gingen zu Fuß, Tramper hatten kein Glück, und bei den privaten Flugdiensten liefen die Telefone heiß
Die Kunden der Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) waren gestern auf Alternativen angewiesen. Pendler aus dem Osten Berlins fuhren soweit es ging mit den S-Bahnen und Bussen der Ostberliner BVB und gingen den Rest zu Fuß. Wem ein Fahrrad zur Verfügung stand, sattelte um. Im Stadtteil Prenzlauer Berg wurden zu diesem Zweck Fahrräder vermietet. Die Meinungen der Betroffenen ging weit auseinander. Wer nicht weit zu fahren hatte, genoß die Abwechslung. Andere meinten, es lohne sich, den Streik zu unterstützen — auch wenn man dadurch Unannehmlichkeiten hatte. Einige wenige entdeckten ihren Spaß am Radfahren und nahmen sich vor, auch in Zukunft mal mit Pedalkraft zur Arbeit zu fahren. Wenige zeigten sich jedoch bereit, auch nach dem Streik der BVG das Fahrrad zu nehmen. „Bei so schönem Wetter mal zum Spaß ist es ja ganz witzig, aber auf die Dauer... Man kommt dann immer so verschwitzt bei der Arbeit an.“
Das schöne Wetter kam auch denjenigen zugute, die sich per pedes auf den Weg gemacht hatten. Viele, die nur ein paar Busstationen von ihrem Arbeitsplatz entfernt wohnten oder kein Fahrrad zur Verfügung hatten, nutzten das Wetter für einen Morgenspaziergang, der bei einigen auch zur Wanderung geriet: Eineinhalb Stunden lief ein Arbeitnehmer zum Arbeitsplatz.
Eine weitere Möglichkeit war das Trampen. Sehr kooperativ waren die Autofahrer allerdings nicht. In einigen Firmen wurden Fahrgemeinschaften gebildet, so daß jeweils vier ArbeitnehmerInnen in einem Auto zur Arbeit fuhren. Damit wurde erstens den Autolosen geholfen und zweitens versucht, den Staus ein wenig entgegenzuwirken. Außerdem fuhren auf einigen Busstrecken Taxis.
Besonders betroffen von den Streiks im öffentlichen Nahverkehr waren Leute, die keine Alternative zu Bus und Bahn finden konnten. Eine schwer gehbehinderte Frau hatte nicht die Möglichkeit einer Mitfahrgelegenheit und konnte die eigentlich kurze Strecke zu ihrem Arbeitsplatz nicht zu Fuß zurücklegen. Von den Streiks auf den Flughäfen Tegel und Tempelhof profitierten die verschiedenen Flugdienste, die Helikopter vermieteten: Die Telefone der privaten Flugdienste liefen heiß. Da die Maschinen des Allgemeinen Flugdienstes im Süden Berlins starten und landen, beeinflußte der Ausstand des Flughafenpersonals das Geschäft nur positiv. In anderen Städten gibt es für die Hubschrauber die Möglichkeit, auf Segelflugplätze oder Landeplätze in Industriegebieten auszuweichen. Sowohl Privatpersonen als auch Firmen informierten sich über die MÖglichkeit, statt auf einen Flug zu warten, einen Hubschrauber zu mieten. Viele lehnten, nachdem sie die Preise erfragt hatten, jedoch dankend ab: Einen Hubschrauber für die Strecke Berlin-Hamburg zu chartern, kostet sechs möglichen Passagieren insgesamt 5.500 Mark und damit ein Vielfaches des Flugpreises. Tasja Frenzel
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