: „Als Wasserträger bin ich gut“
Gespräch mit dem Spanier Javier Luquin, der 1988 als einziger Radprofi die drei großen Rundfahrten - Spanienrundfahrt, Giro d'Italia und Tour de France - mitfährt. ■ I N T E R V I E W
Frage: Was bedeutet es Ihnen, der einzige Mensch der Welt zu sein, der 1988 die drei großen Rundfahrten bewältigt.
Luquin: Wenn ich in Paris ankomme, eine sehr große Befriedigung.
Ist Ihnen klar, daß Sie dann etwas erreicht hätten, dessen nur sehr wenige Radfahrer bisher fähig waren?
Das Glück spielt dabei eine große Rolle. Ich glaube, es hat in der Geschichte des Radsports nur elf Fahrer gegeben, die die drei „Großen“ beendet haben. Man muß das Glück haben, in keinen Sturz verwickelt zu werden, gesundheitlich auf der Höhe zu sein und vor allem Lust zum Radfahren, viel Lust.
Und diese Lust fehlt Ihnen nicht?
Natürlich nicht. Dann ist da noch die Atmosphäre im Team. Die hilft einem sehr.
Mit 24 Jahren verfügen Sie bereits über eine beträchtliche Erfahrung. Sie haben drei Spanienrundfahrten, zweimal die Tour und einen Giro hinter sich. Das könnte Ihnen in der Zukunft nützlich sein.
Ja, das ist wichtig, aber ich bin kein Fahrer, der Rennen gewinnt, noch nicht. Ich kann jedoch helfen. Das Mannschaftszeitfahren liegt mir. Die Arbeit eines Wasserträgers mache ich gut, und jedes Jahr lerne ich dazu und werde nützlicher für das Team.
Sind Sie zufrieden mit ihrer Aufgabe als Wasserträger.
Sie ist nicht gerade hübsch, aber wenn du zwei oder drei Jahre Profi bist, kommt der Moment, in dem du merkst, daß Figuren wie Delgado oder Bernard sehr selten sind, und daß die übrigen die Rolle von Wasserträgern übernehmen müssen, obwohl der Radsport jedem eine Chance gibt.
Ihnen, soweit man sehen kann, wenige. Sie haben noch nie eine Etappe gewonnen.
Ich weiß, daß ich nicht schnell bin. Ich war oft in einer Ausreißergruppe und niemals konnte ich im Sprint gewinnen, aber ich war da, mehr oder weniger vorn. Im Giro wurde ich 32., das heißt, daß ich da war.
Aber ihre Sache ist nicht das Gewinnen. Für Sie ist es verboten auszureißen, weil Sie bei ihrem Chef sein müssen, um ihm zu helfen.
Verboten ist es nicht. Aber, sicher, manchmal mußt du dich zurückhalten. In der 5.Etappe zum Beispiel hätte ich beim letzten Ausreißversuch mitmischen können.
Sie haben nicht nur nicht mitgemischt, sondern mußten schließlich Ihr Rad Ihrem Kapitän Pedro Delgado geben, als seines kaputtging.
Ja, es gibt Augenblicke, da fühlst du dich gut, denkst daran anzugreifen. Aber ich muß da sein, bei Pedro, denn er ist es, der uns interessiert. Wenn er die Tour gewinnt, ist es für uns alle viel besser.
Haben Sie es nicht langsam satt, immer nur Wasserträger zu sein?
Nein, die Wahrheit ist, daß der Radsport immer besser wird.
Bezahlt?
Ja. Was du arbeitest, daß lohnen sie dir auch.
Was einmal Leidenschaft war, ist nun also Arbeit.
Ja, die Begeisterung, die ich als junger Fahrer hatte ... na, gut, das Fahrrad gefällt einem immer noch, aber es ist ein Problem, wenn du 24 bist. Dann sagst du dir, daß du Geld verdienen mußt, weil man nicht alles hinschmeißen und wieder Maurer werden kann. Das war ich vorher. Und wenn du als Wasserträger eine Arbeit machst, die dir Geld bringt, dann versuchst du, sie jeden Tag besser zu machen.
Kommt manchmal ein Moment, in dem Sie das Fahrrad anekelt?
Ja, ja. Wenn der Oktober kommt, hast du Lust, es einige Tage stehenzulassen. Aber dann geht es wieder weiter.
Interview: Juan Mora (El Pais)/Übers.: Matti
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