Almuth Müller Der Wochenendkrimi: Flott geschriebener Vorstadtkrimi mit einer dunklen Vergangenheit des Kommissars
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Wundern Sie sich nicht, wenn Sie diesen Stream in der ARD-Mediathek aufrufen. Ihr Internet ist nicht kaputt, und die Mediathek hüpft auch nicht aus nebulösen technischen Gründen wild im Film umher. Das soll so.
Hat die Zuschauende dies erst mal verstanden, kann sie die Hardware Hardware sein lassen und sich in die heile Vorstadtwelt von Kommissar Martin Kühn (Thomas Loibl) begeben. Kühn lebt mit Frau, Sohn und Tochter in einer am Reißbrett entstandenen Siedlung. Hier kennt jeder jeden, und jeder ist auch ein bisschen schräg. Ob das auf den durch eine hier im Zweiten Weltkrieg ansässige Munitionsfabrik verseuchten Boden zurückzuführen ist, sei dahingestellt. Angst treibt die Menschen um, Angst vor dem Wertverfall ihrer Häuschen; aber auch die Angst vor den bösen Migranten, die Kühns Sohn Nico (Cedric Eich) anfällig für die kruden Weltanschauungen des Wehrsportgruppenleiters Leitz (Till Firit) macht.
So weit, so sozialkritisch. Ein bisschen Entführung (die kleine Emily Brenningsmeyer ist weg) und ein bisschen Mord (hinter Kühns Grundstück wird ein aufgeschlitzter Rentner gefunden) gibt es auch. Im Vordergrund steht jedoch die angeschlagene Psyche von Martin Kühn. Zunehmend geht es ihm schlechter, er wird von blutreichen Flashbacks aus seiner Kindheit geplagt; er hört Musik, wo keine ist; sieht Dinge, die nicht da sind. Wir schauen einem Mann zu, dem die Kontrolle über sein Leben entgleitet und der ganz dringend die Vorkommnisse aus seiner Vergangenheit aufarbeiten sollte.
Doch dafür hat er keine Zeit, da der neue süffisant-snobistische Staatsanwalt Dr. Hans Globke (Trystan Püttner) schnelle Ermittlungsergebnisse im Fall des toten Rentners sehen will – dies nicht ohne einen verbalen Seitenhieb auf Kühns Bildung: Realschulabschluss und Kommissar, mehr kommt da wohl nicht mehr? Aber viel Spaß noch mit dem Beamtenkredit fürs Häuschen! Für Globke ist Kühns Leben ein Brennglas für den Kaffeesatz der Gesellschaft, und selten wünschte man sich mehr, dass das Karma einen Staatsanwalt ins Visier nähme.
„Kühn hat zu tun“ ist ein flott erzählter und scharf geschnittener Vorstadtkrimi, der die uneingeschränkte Aufmerksamkeit des Zusehenden einfordert. Mit ironischen Blicken werden die unterschiedlichen Siedlungsbewohnenden porträtiert. Jedoch – ein paar weniger Nebenschauplätze hätten dem Film gutgetan – und damit mehr Raum für Tiefe und Erklärung gelassen.
„Kühn hat zu tun“; als Stream in der ARD-Mediathek abrufbar
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