piwik no script img

Archiv-Artikel

Alleskönner will Sportlehrerin einholen

taz geht wählen – die Serie zur Bundestagswahl am 18. September. Die 64 nordrhein-westfälischen Direktwahlkreise im Porträt. Wer kämpft um das Mandat? Wer sind die Außenseiter? Wer gewinnt? Heute: Märkischer Kreis II

Märkischer Kreis II?

Neun Städte und Gemeinden des nördlichen Märkischen Kreises werden im zweiten Wahlkreis zusammengefasst: Altena, Balve, Hemer, Iserlohn, Menden, Nachrodt-Wiblingwerde, Neuenrade, Plettenberg und Werdohl. Das verarbeitende Gewerbe ist hier Wirtschaftsfaktor Nummer eins: Eine Reihe von Betrieben arbeitet als Zulieferer für die Automobilindustrie oder in der Kunststoff- und Lichttechnik.

Wer verteidigt den Wahlkreis?

Dagmar Freitag (52), Englisch- und Sportlehrerin aus Letmathe. Zehn Jahre lang war sie Ratsmitglied und Vorsitzende des Sportausschusses in ihrer Heimatstadt Iserlohn. Seit 1994 sitzt sie für die SPD im Bundestag. Im Sportausschuss tritt die sportpolitische Sprecherin und Vizepräsidentin des Deutschen Leichtathletik Verbandes (DLV) für eine intensive Bekämpfung des Dopings ein. Kein Wunder, denn einen fairen Wettkampf hat Dagmar Freitag kaum zu fürchten: Bei der Bundestagswahl 2002 sammelte sie 49,6 Prozent der Stimmen ein – was satte elf Prozentpunkte Vorsprung vor CDU-Herausforderer und Obermeister der Schornsteinfeger-Innung Johannes-Joachim Knaup bedeutete. Auf der Landesliste hat Freitag einen Satz nach vorne gemacht: 2002 kandidierte sie auf Platz 26, dieses Jahr belegt sie Platz 19. Auch das sollte zur Not für einen Einzug in den Bundestag reichen.

Wer will den Wahlkreis?

Thomas Gemke (47), Diplom-Betriebs und -verwaltungswirt, hat in Balve und im Kreistag des Märkischen Kreises schon so ziemlich jedes kommunalpolitische Amt innegehabt: Vorsitzender der Jungen Union, der CDU-Fraktion, des CDU-Stadtverbandes und der CDU-Kreistagsfraktion, verschiedene Vorstandsfunktionen sowie Mitglied des Kreistages und dessen Vorstand. Von Wahlversprechen lässt der passionierte Wanderer und Kegelfreund lieber die Finger. Ansonsten setzt der bundespolitische Newcomer voll und ganz auf die von der CDU proklamierte „Vorfahrt für Arbeit“: Arbeitsplätze schaffen könne zwar auch er nicht, gibt er auf seiner Internetseite zu, aber Politiker bestimmten die Rahmenbedingungen für mehr Beschäftigung. Platz 44 auf der Landesliste könnte knapp für ein Mandat reichen.

Der große Außenseiter?

Wohl allesamt keine besonders optimistischen: Bärbel Keiderling ist Mitarbeiterin der grünen Bundestagsabgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk und Landesdelegierte des Kreisverbandes Mark. Ihr 21. Listenplatz reicht für den Einzug in den Bundestag allerdings nicht. Genauso chancenlos sind der Dortmunder FDP-Mann Jochen Lipproß (42. auf der Landesliste) und Wolfgang Hilpert von der Linkspartei, der ohne Listenplatz antreten muss.

Die taz-Prognose?

Besonders spannend wird‘s zumindest für Freitag nicht: Sie holt mit deutlichem Vorsprung das Direktmandat. Thomas Gemke zieht noch so gerade eben über die Liste in den Bundestag ein.

SEBASTIAN KORINTH