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Archiv-Artikel

Alles redet nur vom Lockout

Die Berliner Eisbären nehmen den Spielbetrieb der DEL mit einem 3:2 über Meister Frankfurt Lions auf. Doch das große Thema zu Saisonbeginn ist der Arbeitskampf in der nordamerikanischen NHL. Wird das der DEL einen Popularitätsschub bringen?

Lockout bedeutet Aussperrung der Spieler. Ohne Spieler keine Spiele

VON ANDREAS RÜTTENAUER

Es war ein merkwürdiger Abend in Hohenschönhausen. Nach der fünfmonatigen Sommerpause begann im Wellblechpalast für die Eisbären die Saison in der Deutschen Eishockeyliga (DEL). Doch auf den voll besetzten Rängen und auch im Pressecontainer gab es eigentlich nur ein Thema: den Lockout in der amerikanischen Profiliga NHL.

Locker warf man sich diese Vokabel gegenseitig zu, deren Bedeutung noch vor kurzem die wenigsten Anwesenden gekannt haben. Lockout bedeutet Aussperrung. Und zu dieser Maßnahme haben die Clubbesitzer im Arbeitskampf mit der Spielergewerkschaft in Nordamerika eben gegriffen, nachdem es keine Einigung über eine Senkung der Gehaltsobergrenzen bei den Profis gegeben hatte. Die stärkste Liga der Welt leidet unter dem Rückgang der Marketingumsätze, und viele Clubs sehen ihre Existenz bedroht, wenn die Gehälter nicht gekürzt werden. Jetzt wurde der Start der Liga verschoben, alle Trainingslager abgesagt.

Was für die Clubs und Eishockeyfans in Nordamerika ein Problem ist, könnte dem deutschen Eishockey zu einem Popularitätsschub verhelfen. Etliche der ausgesperrten Profis haben bei DEL-Clubs angeheuert. Auch in Berlin werden große Namen gehandelt. Dany Heatley von den Atlanta Trashers hat angeblich sein Interesse an den Eisbären bekundet. Der groß gewachsene Stürmer, der mit Kanada soeben den Worldcup of Hockey gewonnen hat, ist mit seinen 23 Jahren einer der großen Hoffnungen des kanadischen Eishockeys. Eisbären-Manager Peter John Lee bestätigte die Kontakte und will sich weiterhin um die Verpflichtung Heatleys bemühen. Vielleicht aber haben sich die Eisbären auch in den falschen Spieler verguckt: denn in Kanada läuft derzeit ein Gerichtsverfahren gegen den jungen Profi. Der hat nämlich im vergangenen Jahr einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem sein Teamkollege Dan Snyder ums Leben gekommen ist. Sollte er wegen Verursachens eines Unfalls mit Todesfolge, fahrlässiger Inkaufnahme eines solchen Unfalls oder rücksichtslosen Fahrens und Raserei verurteilt werden, droht ihm sogar eine Haftstrafe. Heatley, ein weiteres Wort, das am Freitag sehr oft zu hören war.

Über das Spiel selbst redete übrigens kaum jemand. Dabei waren mit dem Eisbären und den Frankfurt Lions die beiden Teams aufeinander getroffen, die vor fünf Monaten die Endspiele um die deutsche Meisterschaft bestritten haben. Und während die Eisbären noch auf den großen Namen aus der NHL warten, waren die Frankfurter bereits mit einem Schnellimport angereist. Stephane Robidas von den Chicago Blackhawks war erst am Vormittag gelandet und spielte bereits am Abend in Berlin. Und das nicht schlecht.

Aber auch den Akteuren auf dem Eis schien lange Zeit nicht bewusst zu sein, dass der Ernst der Liga wieder begonnen hat. In den ersten zwei Dritteln wurde munter hin- und hergespielt, aber es fehlte beiden Mannschaften an der Konzentration beim Abschluss. 3:2 (2:0, 1:1, 0:1) gewannen die Berliner, die ein wenig wacher wirkten als der Meister aus Hessen. Einzig in den letzten zehn Spielminuten war ein wenig Feuer in der Partie. Frankfurts Coach Rick Chernomaz lobte nach der Partie die Berliner auf das Freundlichste und sagte, seine Mannschaft habe sowieso nur eine Chance, zu gewinnen, wenn alle über die gesamten 60 Minuten voll konzentriert zu Werke gingen. Und das eben war nicht der Fall am Freitag. Dann beugte er sich zu seinen Berliner Kollegen Pierre Pagé und fachsimpelte mit diesem. Über den Lockout. Worüber sonst?