: „Alles in der Grauzone“
■ Lübeck: Auch Bürgermeister Bouteiller kritisiert die Staatsanwaltschaft
Die Lübecker Staatsanwaltschaft hat nach der Freilassung von Safwan E. Kritik an ihren Ermittlungen in Zusammenhang mit der verheerenden Lübecker Brandkatastrophe zurückgewiesen. Die Ermittlungsbehörden seien „sämtlichen Hinweisen“, die zur Aufklärung des Brandes mit zehn Todesopfern hätten beitragen können, nachgegangen.
Lübecks Bürgermeister Michael Bouteiller (SPD) erklärte gestern, er freue sich für den 20jährigen: „Für Kenner war die Entlassung keine Überraschung“. Die Staatsanwaltschaft müsse jetzt in jede Richtung ermitteln. „Das schlimmste für die Stadt wäre es“, so Bouteiller, „wenn alles in der Grauzone verbleiben würde“.
Mit Erleichterung und Freude hat das Lübecker „Bündnis gegen Rassismus“ die Freilassung des Libanesen aufgenommen. Sprecher Christoph Kleine äußerte herbe Kritik an der Staatsanwaltschaft. Es sei ein Justizskandal, daß die Staatsanwälte derart einseitig ermittelt haben. Die Ermittlungen müßten sich jetzt auf die Jugendlichen aus Grevesmühlen konzentrieren: „Wir fordern, daß den Staatsanwälten der Fall entzogen wird. Gegen Safwan E. haben die gar nichts, das ist alles dünne Suppe“.
Unklar blieb bis Redaktionsschluß, ob die Staatsanwaltschaft gegen die Aufhebung des Haftbefehls gegen Safwan E. Beschwerde einlegen wird. Die Anklagebehörde hüllte sich in Schweigen. Der zuständige Oberstaatsanwalt Klaus-Dieter Schulz sei „den ganzen Tag in internen Besprechungen“. Inoffiziell verlautete jedoch, die Fahndungsbehörden hielten den Tatverdacht gegen den Libanesen aufrecht. Die Staatsanwaltschaft rechne damit, daß die Jugendstrafkammer in den nächsten Tagen darüber entscheiden werde, ob gegen Safwan E. eine Hauptverhandlung vor dem Landgericht Lübeck eröffnet wird. lno / taz
Siehe Bericht Seite 4
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