: Alien Sex Fiend
■ Bleichgesichtige, galaktische Invasion
Vor einem knappen Jahrzehnt entstieg der britischen Unterwelt ein bis dato unbekanntes Flugobjekt, um kurz darauf im Batcave, jenem Tempel der Schwarzkittelträger — in dem zuvor schon Andersdenkende wie Marc Almond oder Siouxie and the Banshees einer interessierten Hörerschaft ihre Botschaften erfolgreich vermittelt hatten — zu landen. Diesem UFO entstieg ein vierköpfiges Rudel Aliens, die zum Zwecke der Urbarmachung ihres geistigen Terrains menschenähnliche Gestalt annahmen.
Angeführt vom Ehepaar Mr. und Mrs.Fiend, dem bleichgesichtigen Doppelkern der galaktischen Invasion, versuchen sie seitdem mit Hilfe einiger irdischer Kommunikationsmöglichkeiten wie zum Beispiel Bühnenauftritten oder Schallplatten, uns Erdlingen Kunde zu geben vom harten Leben innerhalb der Gesamt heit der inneren und äußeren interplanetarischen Höllenkreise.
Erdnähere Pop-Größen wie Alice Cooper bedienten sich ihrer als Vorprogramm (supporting act), und so dauerte es nicht lange, bis Alien Sex Fiend in die Indie-Hitlisten vorstießen. Die esoterischen Botschaften — Gesamtkunstwerke aus blubbernden Rhythmen, archaisch anmutenden Geräuschfetzen, Gesängen aus der Plateau-Phase eines mittelschweren Bronchialkatharrs und düsteren Gitarrenriffs — wurden von einer zunehmend größeren Fangemeinde aufgenommen und verinnerlicht.
Und weil unser kleines grünes Männchen Nik Fiend ein ausgesprochen visueller Typ ist, werden die jeweiligen Bühnen mit allerlei menschlichem Gebein und einigen Quadratmetern künstlichem Spinngewebe drapiert, um dem Zuschauer einen Eindruck von der Endlichkeit zu vermitteln, die allem irdischen und kosmischen Sein innewohnt. (O-Ton Mr.Fiend: »Man muß uns schon gesehen haben, um uns zu verstehen.«)
Wenn also Alien Sex Fiend auf ihrer Vortragsreise heute in der Neuen Welt Station machen, werden wir mehr oder weniger begeistert ausrufen: »Now I'm feeling zombiefied« und die heilige Dreifaltigkeit Sex & Drugs & Rock'n‘Roll um eine extraterrestrische Dimension erweitert wissen. Caramba. Lehmann
Um 20 Uhr in der Neuen Welt
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