■ Alex: Streit muß weitergehen: Verspiegelter Raubzug
Kaum wurde das Wettbewerbsergebnis zur Zukunft des Alexanderplatzes überarbeitet, geht der Streit weiter. Zwar hat der Architekt Kollhoff brav den Plan geändert: hier ein paar Meter weniger, dort etwas weniger dicht. Doch beim Thema Wohnungsabriß schwang er weiter heftig mit der Abrißbirne. Deswegen intervenierte Bausenator Nagel, um die Wohnbauten an der Mollstraße zu erhalten. Nun will man an anderer Stelle einfach baulich etwas kräftiger zuschlagen, um die „Defizite“ auszugleichen. Die Schmuddelkinder des Plattensozialismus passen eben nicht neben die Repräsentanten des verspiegelten Kapitalismus.
Auch der Senator für Stadtentwicklung hat – gestützt auf eine Bürgerbefragung – Veränderungen des Entwurfs gefordert. Hier sind es ein paar Meter weniger geworden, dort wird es etwas geringer. Doch anstatt den Investoren auf die Füße zu treten, macht man sich zu deren Fürsprecher und veräppelt uns mit baulichen Strickmustern und willfährigen Vokabeln: alles wird gut und urban, alles wird lebendig und attraktiv, aber alles wird teurer. Das ist so nichtssagend, daß man schon wieder heraushört, wie es werden wird.
So setzen wir uns nicht über Architektur und Stadtgestalt auseinander. Schon gar nicht, geht es um Wohnungsbau. Die Bürgerbeteiligung darf nicht als Bürgerbefragung abgetan, die Angst vor der Hochhausmassierung nicht als ästhetische Rückständigkeit diffamiert werden. In der Logik des Investorenwettbewerbs liegt, wie der Name schon sagt, daß Verdrängung und Umnutzungen stattfinden werden. Meinten es Architekt und Senatsverwaltung ernst, müßten Klartext geredet und bauliche und politische Instrumente gegen den städtischen Raubzug eingesetzt werden. Ein Abrißstopp für Wohnungen am Alex ist da erst der Anfang. Eine Diskussion über die Stadtverträglichkeit des megalomanen Dienstleistungsdschungels in der Mitte der City käme gleich hinterher. Rolf Lautenschläger
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