: Akupunktur macht Schule
An der Universität Münster können Medizin-Studenten in Zukunft auch Akupunktur als Wahlpflichtfach belegen. Die Behandlungsmethode sei keine Alternative, sondern ein Bestandteil der Schulmedizin. Kein „Esoterik-Geschwafel“
VON TINA DETTMAR
Schmerzen in Rücken, Knie oder Kopf – für einige Medizinstudenten der Universität Münster bedeutet dies jetzt nicht mehr zwangsläufig der Griff zur Tablette. Denn die angehenden Ärzte können im Studium die Grundlagen der Akupunktur kennen lernen und mit Hilfe der Nadeln gegen die Beschwerden vorgehen. „Sie behandeln sich gegenseitig und lernen dabei wichtige Akupunkturpunkte kennen“, sagt Dozent Dr. Elmar Peuker. Akupunktur als Wahlpflichtfach der Allgemeinmedizin ist neu. Bundesweit hätten es im vergangenen Semester lediglich die Universitäten Münster und Bonn angeboten, betont Peuker.
Der Mediziner möchte die Studenten in dem Seminar so früh wie möglich an die so genannte Komplementärmedizin heranführen. „Akupunktur ist nicht eine Alternative, sondern ein Bestandteil der Schulmedizin.“ Dabei sollen die Studenten an wissenschaftlich fundierte Methoden herangeführt werden. „Wir wollen nicht in Esoterik-Geschwafel abfallen, das haben wir nicht nötig, denn wir können die Effekte der Akupunktur nachweisen“, sagt Peuker. Vor allem wegen der wissenschaftlichen Überprüfbarkeit hat die Westfälische Wilhelms-Universität die traditionelle chinesische Heilmethode als benotetes Wahlpflichtfach eingeführt. Die Studenten sollen die naturwissenschaftlichen Maßstäbe auch bei dem Naturheilverfahren anwenden und dabei prüfen, ob sie diesen überhaupt standhält, hebt der Studiendekan der medizinischen Fakultät, Dr. Bernhard Marschall, hervor. Akupunktur sei dabei eines von vielen möglichen Naturheilverfahren. „Alle Methoden, die wir lehren, müssen wissenschaftlich belegbar sein in ihrer Effektivität und in ihrem Nutzen für die Patienten.“
Die Krankenkassen haben in eigenen Studien belegt, dass Akupunktur bei bestimmten Schmerzen hilft. Für die Schmerztherapie bei chronischen Kniegelenksentzündungen, beim Lendenwirbelsäulen-Syndrom und bei chronischen Kopfschmerzen übernehmen mittlerweile viele Kassen die Kosten für eine Akupunktur-Behandlung. Peuker glaubt, dass die Ausbildung von Medizinstudenten in der chinesischen Heilmethode auf Dauer auch Kosten im deutschen Gesundheitssystem sparen kann. Auch wenn der Verband der Angestellten-Krankenkassen (VdAK) sich einer solchen Prognose nicht anschließen möchte, befürwortet er die ergänzende Ausbildung der Studenten. „Die ganzheitliche Betreuung von Patienten ist wichtig und eine gute Sache“, ist VdAK-Sprecherin Michaela Gottfried sicher.
An die Patienten denkt auch Peuker. Sein Seminar soll das Spektrum der Allgemeinmedizin bei den angehenden Ärzten erweitern. „Sie sollen eine breite Palette kennen lernen und daraus dann Methoden anwenden können, die individuell auf den Patienten passen.“ Das Seminar kann allerdings nur einen Einblick geben. Wenn die Medizinstudenten die traditionelle chinesische Heilmethode später auch anwenden wollen, müssen sie noch eine fachliche Ausbildung nach dem Studienabschluss anhängen. (dpa)