: Aktienoptionen sind nichts für Kontrolleure
Bundesgerichtshof verbietet Vergütung von Aufsichtsräten über den Börsenkurs. Er befürchtet Interessenkonflikte
HAMBURG taz ■ Aktiengeschenke an Aufsichtsräte sind verboten. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden. Kontrolleure dürfen keine Optionen auf Aktien erhalten, weil das gegen das Aktiengesetz verstoßen würde.
Der Vorstand der Mobilcom AG hatte vor einigen Jahren beschlossen, seine Aufsichtsräte mit Aktienoptionen zu versorgen. Die Hauptversammlung stimmte zu. Ausschlaggebend dafür dürften die Stimmen der Großaktionäre gewesen sein, die wiederum ihre Kandidaten in den Aufsichtsrat entsenden. Offiziell hießt es, die Firmenkontrolleure sollten von den Erfolgen der schleswig-holsteinisch-französischen Telefongesellschaft profitieren. Das jedoch verdross die Kleinaktionäre. Sie witterten Selbstbedienung. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz zog vor Gericht und gewann in drei Instanzen.
Letztinstanzlich hat nun der Bundesgerichtshof geklärt, dass bei der Zahlung von Aktienoptionen an Aufsichtsräte ein Interessenkonflikt mit deren Kontrollaufgaben drohe (Az.: II ZR 316/02). Tatsächlich kann niemand behaupten, dass etwa ein Aufsichtsrat, der Bilanzprobleme aufdeckt – und damit den Kurs kurzzeitig abstürzen lässt –, weniger im Sinne der Aktionäre arbeitet als einer, der hilft, sie zu verschleiern.
Hoffnungen, dass nach dem BGH-Urteil nun auch Schluss mit den Geschenken an Topmanager ist, sind jedoch nach dem bisherigen Kenntnisstand unbegründet. Das Urteil ist noch nicht veröffentlicht, aber die Karlsruher Richter berufen sich offenkundig vor allem auf das Aktiengesetz. Dieses erlaubt Aktienoptionen für Mitarbeiter und Geschäftsführer. Nur der Aufsichtsrat taucht im Gesetz nicht auf.
Populär geworden waren die variablen Zuschläge für die deutsche Führungsriege erst im letzten Börsenboom. Die gesetzlichen Grundlagen wurden 1998 geschaffen. Einer der Ersten, der sich sein Einkommen durch Anrechte auf billige Aktien um einige Millionen aufbessern ließ, war Daimler-Chef Jürgen Schrempp.
Der Wert solcher Zusatzvergütungen hängt weniger vom geschäftlichen Erfolg als vom Kurs der eigenen Aktien ab. Vor allem deshalb wächst international die Zahl derer, die Aktienoptionen grundsätzlich kritisieren, weil sie falsche Anreize setzen. Der Börsenkurs eines Unternehmens, schreibt die Neue Zürcher Zeitung, „steigt vielfach nicht wegen der Leistung des Managements, sondern wegen der Stimmung der Investoren, den tiefen Zinsen oder der anziehenden Konjunktur“. Zudem sind Optionsprogramme für die Bosse immer mit Kosten verbunden, die Unternehmen oder Aktionäre belasten.
Auch in den USA und Großbritannien nimmt die Antihaltung zu. „Lohnsysteme wie Aktienoptionen“, kritisiert Financial Times-Kolumnist John Kay, „waren einfach krude Instrumente, um den Managern mehr zu bezahlen.“ Nach oben sind die Gewinne unbegrenzt, nach unten sind Optionen schlimmstenfalls wertlos. Dieses Untiefe hat viele Konzernkapitäne zu riskanteren Strategien verleitet, zu Mega-Fusionen und überbezahlten Firmenkäufen, um ihren Kurs zu steigern. HERMANNUS PFEIFFER