: Akademische Abrechnung: Eine halbe Sache
■ AStA der Uni schließt Vergleich mit früherem Finanzreferenten und verzichtet dabei locker auf 5000 Mark
Roland Kasling, ehemaliger Finanzreferent des AStA der Bremer Universität, muß 5000 Mark nicht zurückzahlen, die er auf ungeklärter Rechtsgrundlage von der Studentenvertretung bezogen hat. Von insgesamt 10.000 Mark muß Kasling nur die Hälfte zurückgeben — darauf einigte er sich mit dem jetzigen AStA in einem außergerichtlichen Vergleich.
Im Jahr 1987/88 war Kasling einer von drei Finanzreferenten des AStA, der als „Pleiten- AStA“ unrühmlich in die Uni- Geschichte Bremens einging. Als die Bafög-Verwaltung ihm die Unterstützung strich, wollte Kasling einen Passus des Bafög- Gesetzes für sich in Anspruch nehmen, wonach AStA-Referenten zwei Semester lang Bafög weitergezahlt bekommen. Wegen fehlender Akten und falscher Aussagen seiner Kollegen hatte Kasling Probleme, seine AStA-Arbeit nachzuweisen. Das Verwaltungsgericht Bremen lehnte seine Klage jedoch aus einem anderen Grund ab, da er nämlich in diesen zwei Semestern nicht seinen Abschluß gemacht hatte. Kasling wandte sich an den AStA und stellte ihm 10.000 Mark „Schadensersatz“ und 2000 Mark Prozeßkosten (die sein Anwalt später zurückzahlte) in Rechnung. Der AStA zahlte, da der zuständige Finanzverantwortliche der Meinung war, es handele sich insgesamt um Prozeßkosten. Eine Rückforderung der Summe war im damaligen AStA umstritten, doch 1992 erhob der nun neugewählte AStA Klage gegen seinen ehemaligen Finanzreferenten auf Herausgabe des Geldes. Mit dem Vergleich bleibt der Studentenvertretung immerhin ein Titel von 5000 Mark gegen Kasling — theoretisch, denn der erklärte schon in der Gerichtsverhandlung, er habe das Geld ausgegeben und könne nichts zurückzahlen.
Tim Budde, Finanzreferent des AStA im vergangenen Jahr, hält den Vergleich für einen faulen Kompromiß. „Das ist eine Einladung an alle, in Zukunft genauso zu handeln, wenn es dann doch folgenlos bleibt“, sagt er. „Offensichtlich gibt es im AStA einen Paradigmenwechsel, hin zu der Auffassung, wir holen nichts zurück!“ Natürlich sei es unbequem, solche Forderungen einzutreiben, aber es gebe offenbar auch eine Gruppe im AStA, die die Vergangenheit verdrängen wolle, da sie mit Kasling in einer Fraktion zusammengearbeitet hätte. „Gerade die Verursacher von schwerem finanziellen und politischen Schaden für den AStA darf man nicht so davonkommen lassen“, meint Budde. Mit dem Vergleich könne man nicht gegen Kaslings Anwalt vorgehen, der hätte wissen müssen, daß sein Mandant eine ungerechte Forderung aufstellte. Außerdem gebe es eine Signalwirkung für andere Prozesse, in denen der AStA versuche, von verschiedenen ehemaligen Studentenvertretern insgesamt etwa 50.000 Mark einzutreiben.
„Der Vergleich war keine politische Entscheidung, sondern ist auf Raten unseres Anwaltes und des Gerichtes zustande gekommen“, sagt dagegen Lars Jeschke, derzeit Vorsitzender des AStA Bremen. „Die Rechtslage war nicht eindeutig. Eine mögliches Urteil gegen uns wäre poltisch und finanziell noch fataler gewesen.“ Natürlich sei es bitter, Kasling so davonkommen zu sehen, aber es sei auch um Schadensbegrenzung gegangen. Der AStA, der Studienrat (mit zwölf gegen eine Stimme) und das AK- (Arbeitskreis) Plenum hätten dem Vergleich zugestimmt. Bis zum 20.April läuft noch die Frist für den Widerspruch gegen die Einigung, den der Rektor in Wahrnehmung der Rechtsaufsicht erklären müßte. Der aber, so Jeschke, habe Zustimmung signalisiert. „Daran, daß die Uni- Leitung bereit ist, den Vergleich anzunehmen, kann man sehen, daß wir keinen Pakt mit Roland Kasling eingegangen sind“, sagt Jeschke. Bernhard Pötter
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