Airbus-Beschäftigte wollen mehr: Vom Höhenflug ausgeschlossen
Rund 10.000 Beschäftigte des Flugzeugbauers protestieren in Norddeutschland angesichts voller Auftragsbücher für langfristigen Kündigungsschutz und die Übernahme der Leiharbeiter nach zwei Jahren.
HAMBURG taz | Volle Auftragsbücher, satte Gewinne - der EADS-Tochter Airbus geht es derzeit glänzend, doch die Beschäftigen profitieren nach Auffassung des Betriebsrats und der IG Metall nur unzureichend von dem Höhenflug des Flugzeugbauers. Deshalb versammelten sich rund 10.000 Beschäftigte der norddeutschen Airbus-Werke in Hamburg, Bremen, Buxtehude und Stade am Mittwoch protestierend vor ihren Werken.
Allein in Hamburg-Finkenwerder wurden 8.000 Airbus-Mitarbeiter gezählt, die für einen neuen "Zukunftstarifvertrag" demonstrierten, der auf zwei zentralen Forderungen beruht: Zum einen sollen die 16.400 Festangestellten bis 2020 vor betriebsbedingten Kündigungen und der Veräußerung und Schließung von Standorten geschützt werden.
Daneben sollen die zahlreichen Leiharbeiter, die für Airbus arbeiten, nach spätestens zwei Jahren fest übernommen werden und den gleichen Lohn bekommen wie die Stammkräfte. Um diese Integration zu gewährleisten, müssten in Zukunft weniger Aufträge außer Haus vergeben werden.
Die Geschäftsführung um Konzernchef Thomas Enders hat dagegen bislang nur eine Beschäftigungssicherung bis 2012 angeboten. "Angesichts der aktuellen Auftragslage und der beinahe täglichen Erfolgsmeldungen ist das eher eine Provokation gegenüber Beschäftigten und Arbeitnehmervertretern", hält der Verhandlungsführer der IG Metall, Daniel Friedrich, dem entgegen.
Da eine solche Kurzfrist-Zusicherung laut dem Airbus-Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Johann Dahnken für die Arbeitnehmer-Seite "nicht verhandlungsfähig" sei, wurden die bereits im vergangenen Jahr mit dem Konzern aufgenommenen Tarifverhandlungen jetzt unterbrochen.
Seit fast einer Dekade erreicht Airbus Jahr für Jahr neue Auslieferungsrekorde, das Unternehmen soll bis 2018 ausgelastet sein. Im vergangenen Jahr verkaufte Airbus 510 Flugzeuge und hängte damit den Konkurrenten Boeing ab, der auf 462 Maschinen kam. Der wirtschaftliche Erfolg ist nach Auffassung der Gewerkschaft und des Betriebsrats bislang nicht bei den Mitarbeitern angekommen.
"Die Auftragsbücher sind voll und die Produktion wird hochgefahren. Wir haben Arbeit ohne Ende und deshalb keinerlei Verständnis dafür, dass das Unternehmen uns nur Sicherheit für ein Jahr bietet", klagte Dahnken auf der Kundgebung in Bremen, an der sich bei strömendem Regen rund 1.000 Beschäftigte beteiligten.
Der Verkauf von Werken, Rationalisierungen und konzerninterne Umbesetzungen führten dazu, dass "die Verunsicherung unter den Beschäftigten groß" sei, so Dahnken. Ein Unternehmen, das in der "Champions League" spiele, könne sich aber keine verunsicherte Mannschaft leisten.
Die 16.400 Beschäftigten der Stammbelegschaft in Deutschland vollbringen dabei nur gut 60 Prozent der gesamten Arbeit, die bei dem Flugzeugbauer anfällt. Rund 20 Prozent werden von Fremdfirmen erbracht, den Rest erledigen 3.600 Leiharbeiter, die bei gleicher Tätigkeit nur etwa 70 bis 75 Prozent des Lohnniveaus der Stammbelegschaft erhalten.
Fünf bis sechs Jahre Tätigkeit als Leih-Arbeiter seien bei Airbus keine Seltenheit mehr, weiß die IG Metall. Dieser Zustand müsse beendet werden.
Die Proteste seien erst der Anfang, warnt Daniel Friedrich. Die IG Metall bereite sich "auf weitere Eskalationsstufen" vor. Die Gewerkschaft kündigte Warnstreiks für den kommenden Herbst an, sollte sich die Unternehmensseite nicht kompromissbereit zeigen.
Airbus-Sprecher Tore Prang hingegen wollte sich zu den Protesten und den unterbrochenen Tarifverhandlungen nicht weiter äußern. Wichtig sei, dass Airbus auch künftig "flexibel und konkurrenzfähig" bleibe.
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