: Aidid fuhr im Triumphzug durch Mogadischu
■ Somalischer Clanchef zeigte sich erstmals seit Aufhebung des „UN-Haftbefehls“
Mogadischu (AP/AFP/dpa) – Wie ein Triumphator trat der bis Dienstag von der UNO steckbrieflich gesuchte General Mohamed Farrah Aidid gestern in Mogadischu auf. Der somalische Milizenchef hatte fünf Monate im Untergrund gelebt. Menschen drängten sich um den von schwerbewaffneten Milizionären beschützten Wagen und tanzten zum Rhythmus von Trommeln, als Aidid zu einer Kundgebung seiner Partei erschien. Rund 4.000 Somalier waren zum Teil mit Lastwagen aus allen Gebieten der Stadt zur Straße des 21. Oktober gekarrt worden, um den 57jährigen zu empfangen.
„Allen Somaliern sollte klar sein, daß der Krieg vorbei ist“, rief Aidid der Menge zu und offensichtlich an die UNO gerichtet: „Wir glauben, daß wir unsere Angelegenheiten alleine regeln können.“ Somalia brauche keine Einmischung von außen. „Bis zum 31. März wollen wir unser Land selbständig aufbauen“, sagte er unter Anspielung auf den von der US- Regierung bis zu dem Datum angekündigten Abzug ihrer 16.000 in Somalia stationierten Truppen. Der Wiederaufbau Somalias werde am 29. November in Addis Abeba beginnen. Dort soll dann eine von der UNO vermittelte Friedenskonferenz für Somalia stattfinden.
Aidid rief die UNO auf, sich auf humanitäre Fragen zu konzentrieren: „Hilfe brauchen wir beim Bau von Schulen, Krankenhäusern und Straßen.“ Im Januar soll mit Hilfe der UNO eine Übergangsverwaltung eingerichtet werden. Wie ein enger Mitarbeiter Aidids mitteilte, traf der Milizenchef gestern morgen den Sondergesandten der USA in Somalia, Robert Oakley.
Auf Aidids Kopf waren von der UNO 25.000 Dollar ausgesetzt gewesen. Die Weltorganisation hatte dem Clanchef unter anderem vorgeworfen, für einen Angriff auf UN-Truppen verantwortlich zu sein, bei dem am 5. Juni 24 pakistanische Blauhelmsoldaten getötet wurden. Die Suche war bereits im Oktober faktisch eingestellt worden, nachdem bei einem Gefecht 18 US-Soldaten, ein malaysischer Blauhelmsoldat und mehr als 300 Somalier getötet worden waren. Der UN-Sicherheitsrat hatte am Dienstag einstimmig die Aufhebung des Fahndungsaufrufs beschlossen und die Freilassung von 35 Aidid-Anhängern angekündigt. Die Somalier, darunter drei enge Berater Aidids, werden von UN- Soldaten in Mogadischu gefangengehalten.
Aidids Erzrivale, der Clanchef Ali Mahdi, zeigte sich enttäuscht über die Einstellung des „Haftbefehls“. Er bezeichnete Aidids Triumph als „Sieg nach Punkten“.
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