Afghanistan-Konferenz in Den Haag: Wo USA und Iran sich einig sind
Dass Teheran nach langem Zögern an der Konferenz teilgenommen hat, liegt daran, dass sich Irans Interessen in Afghanistan weitgehend mit denen der USA decken.
BERLIN taz Die Präsenz ausländischer Truppen kann Afghanistan "nicht Frieden, Sicherheit und Stabilität" bringen. Das erklärte Mehdi Achundsadeh, stellvertretender Außenminister Irans, vor seiner Abreise zur Teilnahme an der Afghanistan-Konferenz in Den Haag am Dienstag. Diese Position Teherans ist nicht neu. Zwar hatte Iran zu Beginn des Kriegs gegen Afghanistan vor 7 Jahren die USA unterstützt und wurde als "Dank" vom damaligen US-Präsidenten George W. Bush in die "Achse des Bösen" aufgenommen. Doch nachdem die Taliban gestürzt und Iran in Afghanistan politisch und vor allem wirtschaftlich wieder seinen Einfluss geltenden machen konnte, verlangte Teheran den Abzug ausländischer Truppen.
Am 9. März hatte Irans Außenminister Manuchehr Mottaki im Fernsehen gesagt, die US-Regierung sei mit drei Zielen in dem Nachbarland eingerückt: Den Extremismus zu besiegen, die Sicherheit wiederherzustellen und die Drogenkriminalität zu bekämpfen. "Alle Indikatoren zu diesen drei Bereichen zeigen, dass die Bedingungen sich deutlich verschlechtert haben." Die USA hätten zwar angekündigt, nun einen neuen Ansatz zu verfolgen. Es sei für den Iran jedoch nicht zu erkennen, wie sich die Politik ändern werde.
Die Antwort aus Washington, weitere 17.000 Soldaten nach Afghanistan zu entsenden, kann für Teheran kaum befriedigend gewesen sein. Dass Teheran dennoch nach langem Zögern an der Konferenz teilgenommen hat, liegt daran, dass sich Irans Interessen in Afghanistan weitgehend mit denen der USA decken.
Beide Staaten wollen eine Rückkehr der Taliban an die Macht unter allen Umständen verhindern und die Terrorzellen um al-Qaida vernichten. Denn die sunnitischen Terrorgruppen betrachten auch die Schiiten im Iran als Erzfeinde. Iran strebt die Rolle einer regionalen Großmacht an, wozu auch die Steigerung seines Einflusses in Afghanistan gehört. Außerdem halten sich mehr als eine Millionen afghanische Flüchtlinge im Iran auf, die in Anbetracht der steigenden Arbeitslosigkeit im Land eine hohe Belastung darstellen. Auch der Schmuggel aus Afghanistan, der trotz Sperrung weiter Teile der Grenze mit Mauern und Stacheldraht immer noch floriert, hat den Drogenkonsum im Iran bedrohlich erhöht. Dies zwingt Teheran zur Kooperation mit den USA und ihren Verbündeten in Afghanistan. Ideologisch ist die Zusammenarbeit mit Washington aus der Sicht Teherans eine Sünde, aber pragmatisch scheint dies der einzige Weg zu sein.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach der Bundestagswahl
Jetzt kommt es auf den Kanzler an
Sieger des rassistischen Wahlkampfes
Rechte Parolen wirken – für die AfD
Der Jahrestag der Ukraine-Invasion
Warum Russland verlieren wird
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Alles zur Bundestagswahl
Oma gegen rechts hat Opa gegen links noch nicht gratuliert
Wahlniederlage von Olaf Scholz
Kein sozialdemokratisches Wunder