Afghanistan-Abstimmung: Hessens Grüne bleiben Tornados treu

In einer Woche stimmen die Grünen über den Afghanistan-Einsatz ab. Hessens Abgeordnete verkünden, sich über den Entschluss der Basis hinwegzusetzen.

"In Afghanistan kann keiner unsere Diskussion nachvollziehen": Omid Nouripour Bild: dpa

Seit dem Sonderparteitag in Göttingen geht es bei den Grünen nur noch um eines: Wie werden die 51 Abgeordneten nächsten Freitag im Bundestag abstimmen? Werden sie sich die Botschaft des Parteitags zu Herzen nehmen - und mit Nein oder Enthaltung zum Afghanistaneinsatz votieren? Oder werden sie auf ihre Gewissensfreiheit pochen - und mehrheitlich beim Ja zum Isaf-Mandat bleiben, trotz der Bedenken gegen den Einsatz deutscher Tornados?

Eine Teil der Bundestagsfraktion hat sich schon entschieden: die Hessen. Sie wollen alle fünf bei ihrer Linie bleiben und mit Ja stimmen. Darauf habe man sich bereits verständigt, sagte der Grünen-Parlamentarier Omid Nouripour der taz.

"Die Tornados sind nicht das Wichtigste, Isaf insgesamt ist aber sehr wichtig. In Afghanistan kann keiner unsere differenzierte innenpolitische Diskussion nachvollziehen. Dort kommt das Signal an: Die Deutschen wollen raus aus unserem Land", so Nouripour. Auch stimme es nicht, dass die Tornados die Stimmung in Afghanistan zum Kippen brachten, wie viele Gegner des Einsatzes hierzulande behaupten. "Ich habe seit dem Parteitag viele Mails und Anrufe aus meinem Landesverband erhalten - und alle bestätigten mich in meiner Auffassung."

Außer Nouripour stammen die Grünen-Parlamentarier Anna Lührmann, Margareta Wolf, Priska Hinz und Nicole Maisch aus Hessen. Der Landesverband gilt als Realo-Schmiede. Schließlich brachte der die prominenten Realos Joschka Fischer, Daniel Cohn-Bendit und Tom Koenigs hervor.

Bisher haben 11 Abgeordnete angekündigt, dass sie weiterhin mit Ja stimmen werden. Neben den Hessen sind das Thea Dückert, Christa Sager, Katrin Göring-Eckardt, Undine Kurth, Kerstin Andreae und Uschi Eid. Und es könnten mehr werden: In Göttingen hatten 15 Parlamentarier den Antrag von Cohn-Bendit unterstützt, der für ein Ja plädiert.

Die große Mehrheit der Abgeordneten wird aber voraussichtlich mit Nein oder Enthaltung stimmen. Dies entspricht dem Wunsch der Fraktionsführung. Fritz Kuhn sagte nach dem Parteitag, wer jetzt noch mit Ja stimme, müsse dies sehr gut begründen. Kuhn und Co-Chefin Renate Künast selbst haben sich noch nicht festgelegt. Sie müssen es schaffen, ihre Glaubwürdigkeit zu bewahren. Beide befürworten den Tornadoeinsatz, dürfen aber als Fraktionsführung den Göttinger Beschluss nicht einfach ignorieren.

Denn der Parteitag, zu dem vor allem Tornadogegner gekommen waren, entschied sich gegen den Antrag von Partei- und Fraktionsspitze. Stattdessen verabschiedete er den Antrag des bis dato unbekannten Basislinken Robert Zion. Darin wird die Fraktion zur "Nichtzustimmung" aufgefordert. Das heißt, die Abgeordneten dürfen mit Nein oder Enthaltung stimmen.

Dass es so weit kommen konnte, haben sich Partei- und Fraktionsspitze selbst zuzuschreiben. Geradezu frech wirkte in den Augen vieler Delegierter ihr Antrag, der die Formulierung enthielt: "Wir empfehlen daher der Fraktion mit Ja/Nein zu stimmen." Was an der Basis so interpretiert wurde: Wir treffen uns zwar zu einem Sonderparteitag - aber macht doch, was ihr wollt! Aber auch sonst ließ die Führungsqualität zu wünschen übrig. Die Tornadogegner um Zion herum mobilisierten seit Monaten - die Befürworter kamen viel schleppender in die Gänge.

Schon im März war absehbar, dass die Mandate im Oktober gemeinsam dem Bundestag zur Abstimmung vorgelegt würden. Die Außen- und Verteidigungspolitiker Trittin und Winfried Nachtwei sollen bereits damals in der Fraktionssitzung klar gesagt haben, dass sie im Falle der gemeinsamen Abstimmung für Ja plädieren würden. Hätten sie dies offen kommuniziert, wäre das Göttinger Debakel verhindert worden.

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