Afghanischer Präsident unterschreibt Gesetz: Vergewaltigung in der Ehe legalisiert
Afghanistans Präsident Karsai und das Parlament haben ein Gesetz verabschiedet, das Vergewaltigung in der Ehe legalisiert.
Ein vom afghanischen Präsidenten Hamid Karsai unterzeichnetes Familiengesetz für die schiitische Minderheit der Hasara wird von Menschenrechtsgruppen als großer Rückschritt für die Frauenrechte kritisiert. Das 263-Seiten umfassende Gesetz war nach Angaben einer Abgeordneten im Februar ohne Lesung im Parlament durchgewunken und Ende März von Karsai abgesegnet worden. Er wurde zu dem an die Taliban-Herrschaft erinnernde Gesetz erstmals auf der internationalen Afghanistan-Konferenz am Dienstag in Den Haag von alarmierten westlichen Poltikern zur Rede gestellt. Sein Sprecher kündigte eine baldige Stellungnahme an.
Im umstrittensten Artikel 132 heisst es laut Medienberichten: "Solange der Ehemann nicht auf Reisen ist, hat er das Recht auf Geschlechtsverkehr mit seiner Frau in jeder vierten Nacht." Solange die Frau nicht krank sei, "ist sie zu einer positiven Antwort auf seine sexuelle Begierde verpflichtet". Männer sollten ihren Frauen mindestens alle vier Monaten Sex gewähren, sind aber dazu nicht verpflichtet.
Artikel 133 lautet: "Eine Frau darf das Haus nicht ohne Erlaubnis ihres Mannes verlassen." Ausnahmen seien nur medizinische oder andere Notfälle. Artikel 27 setzt das heiratsfähige Alter bei Mädchen auf den Zeitpunkt ihrer ersten Menstruation und bei Jungen auf 15 Jahre fest.
Der UN-Entwicklungsfonds für Frauen (Unifem) erklärte, das bisher nicht veröffentlichte Gesetz "legalisiert die Vergewaltigung einer Ehefrau durch ihren Ehemann". Der Abgeordnete Sajed Hussain Alem Balchi nannte die Kritik laut Reuters Propaganda. Das Gesetz gebe schiitischen Frauen mehr Rechte. Schiiten machen etwa 15 Prozent der Bevölkerung aus.
Beobachter gehen davon aus, dass Karsai das Gesetz unterzeichnete, weil er sich im Vorfeld der Präsidejntschaftswahlen im August einen Rückhalt bei konservativen Hasara-Politikern erhofft, die das Gesetz iniitiert hatten.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden