Afganistan-Einsatz der Bundeswehr: SPD-Spitze lehnt Sofortabzug ab
Die SPD diskutiert den Einsatz der Bundeswehr am Hindukusch. Die Parteispitze will erst ab 2013 langsam abziehen lassen und bekommt dafür Lob von Experten.
BERLIN taz | Die Afghanistan-Konferenz der SPD neigte sich schon dem Ende zu, da trat der Mann ans Mikrofon, der "den Blickwinkel radikal wechseln" wollte. Erwin Sellering. Der Auftritt des Ministerpräsidenten und Landesvorsitzenden in Mecklenburg-Vorpommern wurde am Dienstag im Berliner Willy-Brandt-Haus mit Spannung erwartet. Denn Sellering war der einzige, der sich zuvor für einen schnellen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan ausgesprochen hat - und sich gegen die Parteispitze gestellt hat.
"Man findet immer eine wichtige Verbesserung für die afghanische Bevölkerung, die abgewartet werden muss", sagte Sellering, "aber wenn sich ein Einsatz wie dieser Bundeswehreinsatz verändert, muss man dem Rechnung tragen."
Oft genug hat Parteichef Sigmar Gabriel in den vergangenen Monaten betont, dass er offene Diskussionen wollte, und so konnte ihn Sellering eigentlich nicht überraschen. Die Afghanistan-Konferenz zog der Parteichef extra um einige Wochen vor. Er wollte genügend Zeit bis zur im Januar anstehenden Mandatsverlängerung haben.
Um ihre Position dazu haben die Sozialdemokraten lange gerungen. Dabei suchte die Partei einen Standpunkt zwischen der verführerischen Forderung nach einem sofortigen Abzug aus dem zunehmend unbeliebten Einsatz am Hindukusch - und dem Wissen, kaum gegen eine Mission opponieren zu können, die sie selber unter Kanzler Gerhard Schröder begonnen hat.
Im Positionspapier, das Gabriel und der Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier vor der Konferenz ausgegeben hatten, spiegelte sich die gemäßigte Position wider: Abzug im Korridor 2013 bis 2015, erste Verringerung des Kontingents 2011, schrittweise Übergabe der Verantwortung an die Afghanen, Stärkung der zivilen Kräfte.
Vom Sonderbeauftragten der Regierung für Afghanistan, Michael Steiner, bis zum Chef des Verbandes der Nichtregierungsorganisationen, Ulrich Post, bekam die SPD weitgehend Bestätigung für diese Positionen. Die eigenen Jahreszahlen für den Abzug "sind mittlerweile die internationale Richtmarke", freute sich auch Parteichef Gabriel. Einzig: Von der Regierung unterscheiden sie sich nicht mehr, für die dringend benötigte Profilierung der Partei fällt das Thema damit aus.
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