Affäre um Konstantin Neven DuMont: Der beste Mann braucht Hilfe
Derzeit macht Konstantin Neven DuMont mit einer bizarren Blog-Affäre von sich reden. Sein Vater will ihn unbedingt als Erben, dieser Druck lässt den Junior immer wieder straucheln.
Eigentlich ist Konstantin Neven DuMont ein Glücksfall. Welcher Zeitungsbesitzer sonst führt so hartnäckig die investigative Recherche im Munde, unterstreicht bei allen Auftritten die Notwendigkeit, in Redaktionen zu investieren, statt sie auszudünnen? Die Zukunft des Journalismus ist dem 40-Jährigen ein Herzensanliegen, nicht nur für allfällige Sonntagsreden. Und er bringt sich auf allen Ebenen ein: In Blogs, bei Kongressen, vor fast jedem Publikum.
Passt das zu einem, der unter Dutzenden von Pseudonymen in einem bekannten Medienblog über Monate mit sich selbst diskutiert und dabei neben viel Halbgarem auch richtigen Stuss von sich gibt und bei Kritik um sich beißt? Leider ja.
Der Lack blätterte längst vor der jüngsten Blog-Affäre. Anfang Oktober debattiert Konstantin Neven DuMont mit beim Kongress "Öffentlichkeit und Demokratie" in Berlin. Doch als er aus dem Publikum gefragt wird, warum auch die Titel der DuMont-Gruppe die eben erst verbindlich verabredeten Honorarsätze für freie Mitarbeiter unterlaufen, wird der Journalismusfan einsilbig: Damit kenne er sich "nicht so aus", sei im Grunde auch "gar nicht zuständig". Eine seltsame Antwort für einen Konzernvorstand. Und noch seltsamer wird sein Vortrag im Anschluss über die Zukunft der Branche - "wirr und unzusammenhängend" sei das gewesen, erzählen Teilnehmer.
M. DuMont Schauberg (MDS) ist das viertgrößte Zeitungshaus Deutschlands. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts wird es von der Familie Neven DuMont geführt. Erbe Konstantin Neven DuMont (40) ist in eine bizarre Geschichte um anonyme Kommentare auf dem Blog www.stefan-niggemeier.de verwickelt und kündigte an, sich aus dem Vorstand zurückzuziehen.
Am DuMont-Stammsitz Köln erscheinen Kölner Stadtanzeiger, das Boulevardblatt Express Kölnische Rundschau. sowie im Verbund mit dem Heinen-Verlag die
In Halle/Saale gibt MDS die Mitteldeutsche Zeitung heraus.
Bei der Frankfurter Rundschau stieg MDS 2006 mit knapp über 50 Prozent der Anteile ein.
Der Berliner Verlag (Berliner Zeitung, Kurier) sowie die Hamburger Morgenpost gehören seit 2009 mehrheitlich zu MDS.
Und das ist noch höflich formuliert. "Der Junge braucht Hilfe", sagt ein DuMont-Insider ganz ohne Umschweife. Wie alle, die zum Thema etwas sagen, will er seinen Namen nicht in der Zeitung lesen. Der Konzern hat dichtgemacht, Informationen gibt es nicht. Natürlich werden sie vergangene Woche geredet haben, unter Vorsitz von Konstantins Vater Alfred, in der Familienrunde aus den zwei Zweigen, den Neven DuMonts und den DuMont-Schüttes, denen Deutschlands viertgrößtes Zeitungshaus gehört. Doch aus der von Konstantin Neven DuMont am vergangenen Wochenende angekündigten Erklärung, die klarmachen sollte, ob er den Vorstand verlässt und ob er künftig noch eine Rolle im Konzern spielt, wurde nichts.
Eine schnelle, geräuschlose Lösung wäre aber auch nicht sein Stil: "Konstantin ist für geordnete Verfahren in keinem Fall zu haben", heißt es bei DuMont.
Der Verlagserbe war immer schon der "Konstantin", der "Junior", dem viele noch nie zutrauten, das Haus einst ganz zu leiten. Und der mit Kritik nicht umgehen kann, sich stets ungerecht behandelt fühlt.
Vielleicht hat er deswegen diesen großen Fehler gemacht. Nachdem die Blog-Kommentaraffäre hochgekocht und sein Rücktrittsgesuch von ihm höchstselbst via Spiegel in die Welt getragen war, hat er sich auch noch gemeldet, als Bild Köln vor einer Woche anrief - die schärfste Konkurrenz des DuMont-eigenen Express. Das Springer-Blatt schlachtete Vater und Sohn. Alfred Neven DuMont habe zwar seinen Laden lange erfolgreich geführt, doch sich dann als Romancier blamiert, den "auf der Zielgeraden seines Lebens" nun "offenbar Intuition und Glück im Stich" ließen, hieß es da. Süffisant schrieb Bild von der "Tragik einer lebenden Legende". Ob der Vater dies dem Sohn verzeiht?
Vielleicht sind die beiden jetzt aber einfach nur quitt: Schließlich hat Alfred in seinem zweiten Buch "Reise zu Lena", einer fiktiven Familiengeschichte, bei der sich trotzdem Bezüge zu den realen DuMonts aufdrängen, eine wenig schmeichelhafte Sohn-Figur eingeführt. Die macht dem Erzähler, einem alternden Patriarchen, der sein Haus ordnet, das Leben sauer. Konstantin Neven DuMont sagte dem Zeit Magazin, sein Vater habe ihn danach angerufen, er sei nicht gemeint gewesen. Und er habe erwidert, das sei ihm schon klar.
Es ist dieser Vater-Sohn-Konflikt, die großen Erwartungen des Alten an den Jungen, die Konstantin Neven DuMont sein Leben lang begleiten. 1969 kommt er in Bergisch Gladbach zur Welt, wächst umgeben von den Annehmlichkeiten eines Millionärshaushalts neben seinem zwei Jahre älteren Bruder Markus auf. Das Kreative liegt in der Familie: Schon Vater Alfred wollte eigentlich lieber Schauspieler als Verlagsmanager werden. Markus schlägt schon früh die künstlerische Laufbahn ein, rutscht in die Drogenszene ab, kurz vor seinem frühen Tod 1995 wird er sich Spiridon nennen. Schwester Isabella organisiert Kunst und Künstler - als Chefin des hauseigenen Veranstaltungszentrum Studio Dumont in der Kölner Innenstadt. Auch Konstantin sagt nun, ihm läge das Kreative mehr als das publizistische Tagesgeschäft.
Aber da ist die dynastische Pflicht: Alfred wurde im September 1953 mit gerade einmal 26 Jahren von Vater Kurt Neven DuMont in den heimischen Verlag zurückbeordert, um später in elfter Generation das Haus M. DuMont Schauberg zu führen. Und natürlich soll auch künftig ein Neven ran. Doch Konstantin tut sich schon früh schwer mit dem festgelegten Weg. Die Schullaufbahn verläuft nicht eben planmäßig, heißt es zurückhaltend in Köln. Also folgt rasch ein Journalismusstudium in den USA - das hatte auch sein Vater absolviert. 1995 kommt dann der offizielle Eintritt in den Verlag.
"Es war ein Glücksfall, dass mir mit 27 Jahren von meinem Vater (…) der Kölner Stadtanzeiger anvertraut wurde. Ich kam aus Chicago zurück, hatte dort Journalismus studiert. Ich wusste alles besser und hatte auch recht. Ich setzte mich durch und modelte die Zeitung völlig um", erzählte Alfred jüngst in einem Interview mit der hauseigenen Berliner Zeitung über seine Anfangsjahre im Verlag. Gegen so ein Selbstbewusstsein beim eigenen Vater muss man erst mal ankommen, noch dazu in einer Branche, in der es anders als in den 1950ern nicht mehr aufwärts geht. Konstantin sei immer sehr verkrampft und angespannt, wenn er mit dem "Alten" auftritt, sagen Redakteure, die die beiden in Frankfurt und Berlin erlebt haben.
Dabei lebt der designierte Verlagserbe im Spannungsfeld, dass ihm einerseits kaum jemand viel zutraut und andererseits der "Alte" die Hoffnung nicht aufgibt, dass sich der Junior noch entpuppt: "Der Vater wollte und will immer wieder dem Sohn vertrauen", sagt ein DuMont-Insider. Bloß steht er ihm dabei selbst im Wege, denn wie viele Patriarchen kann Alfred nicht loslassen.
Konstantin hat sich auf seine Art in dem Dilemma eingerichtet: Er hält sich für klasse. Neuen Führungskräften stellt er sich schon mal völlig ohne Selbstironie als der "beste Mann im ganzen Konzern" vor. Kritische Würdigungen - ein Süddeutsche-Porträt trug schon vor über zehn Jahren die Überschrift "Herr Sonderbar" - sind für ihn Teil bösartiger Kampagnen.
Als sich die taz vor drei Jahren anlässlich der Übernahme der Frankfurter Rundschau mit dem neuen Herausgeber auseinandersetzte und von dessen "Gesellenstücken" in Köln schrieb, brachte ihr das einen Besuch im DuMont-Hauptquartier ein. Konstantin Neven DuMont hatte einen Stapel fast aller taz-Artikel über ihn dabei - und eine Botschaft: "Ich bin halt qualifiziert und habe letztendlich auch bewiesen, dass ich es eben mindestens so gut kann wie die ganzen Leute aus der Finanzbranche und die anderen Verlagsgeschäftsführer", sagte er damals: "Ich würde ich mich da auf jeden Fall im oberen Bereich, was meine Qualitäten angeht, ansiedeln."
Heute liest sich das so: "Ich habe mich in den letzten 15 Jahren immer für die Branche starkgemacht und bin jetzt betroffen über die Kampagnen gegen mich", sagte Konstantin Neven DuMont vergangenen Montag in Bild. "Aber da wird jeder noch sein Fett wegkriegen."
Nach diesem Interview, das gegen die Verabredung im Vorstand erfolgte, die Klappe zu halten, hofft mancher, dass es Konstantin "so überzogen hat, dass es kein Zurück mehr gibt". Mancher will sogar "eher allgemeine Erleichterung" ausgemacht haben. Vielleicht ist das seit einer Woche durchgehaltene Schweigen aber auch ein Zeichen dafür, dass noch einmal versucht wird, Konstantin zurückzuholen. Um die Dynastie zu erhalten. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
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