Änderungen im Sozialgesetzbuch: Seltener zum Jobcenter gehen
Hartz IV soll künftig für ein ganzes Jahr bewilligt werden. Doch in dem Gesetzentwurf dazu findet sich auch viel Problematisches.
![Menschen stehen in einer Schlange in einem Flur. Menschen stehen in einer Schlange in einem Flur.](https://taz.de/picture/953461/14/16012506_jobcenter_dpa.jpeg)
Die Verbesserung gehört zu einem Gesetz zur „Rechtsvereinfachung“ im Sozialgesetzbuch II, dessen Entwurf am Mittwoch kommender Woche ins Kabinett soll. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) erklärte, sie sei „froh“, es trage zur „Entbürokratisierung in den Jobcentern“ bei: „Die Jobcenter warten auf die Erleichterungen, die das Gesetz vorsieht.“
Hartz-IV-Leistungen zum Lebensunterhalt sollen künftig in der Regel nicht mehr nur für sechs, sondern für zwölf Monate bewilligt werden, sieht der Gesetzentwurf vor. Eine „positive Änderung“, meint der Deutsche Gewerkschaftsbund. Geschenke „in Geldeswert“ für Hartz-IV-Empfänger werden in Zukunft nicht mehr auf die Regelleistung angerechnet. Dabei handelt es sich um Sachgeschenke: „Etwa, wenn die Großmutter dem Enkel, der Hartz-IV-Empfänger ist, ein Auto oder eine Waschmaschine schenkt“, erklärt Thomé. Bisher gab es Fälle, in denen die Jobcenter den Geldwert des Geschenks ausrechneten und diesen häppchenweise vom Regelsatz abzogen.
Doch es gibt im Entwurf auch viel Problematisches: Der Gewerkschaftsbund lehnt die Möglichkeit, eine „Gesamtangemessenheitsgrenze“ für die Bruttowarmmiete von Hartz-IV-Empfängern festzulegen, statt die Heizkosten nach dem individuellen Bedarf festzulegen, „entschieden ab“. Damit könnten die Besonderheiten von Wohnungen mit schlechter Wärmedämmung nicht mehr berücksichtigt werden, so der Gewerkschaftsbund.
Auch die Neuregelung zum Unterhalt für Kinder, die von getrennt lebenden Eltern im Hartz-IV-Bezug abwechselnd betreut werden, wird moniert. Bisher bekommen beispielsweise Väter, die das Kind nur acht Tage im Monat haben, für jeden Tag Betreuung einen Anteil am Regelsatz ausgezahlt. Eine entsprechende Summe wird dem Haushalt der Mutter abgezogen.
Nach dem Gesetzentwurf wird das Kind künftig nur dann, wenn die Eltern es in annähernd gleichem zeitlichen Umfang betreuen, als zu beiden Bedarfsgemeinschaften gehörend betrachtet. Jeder Elternteil bekommt dann die Hälfte des Regelsatzes für das Kind. Hat der Vater den Nachwuchs aber nur einige wenige Tage im Monat, erhält er keinen Anteil mehr vom Regelsatz.
„Die Zuordnung des Kindes zu der Bedarfsgemeinschaft, in der sich das Kind überwiegend aufhält (...) führt dazu, dass die andere umgangsberechtigte Person, die die geringere Umgangszeit wahrnimmt, alle Leistungen für das Kind während der eigenen Umgangszeiten aus seinem Regelbedarf aufbringen muss“, heißt es in der Stellungnahme des Gewerkschaftsbundes. Das sei auch verfassungsrechtlich problematisch. Die Gerichte werden weiterhin zu tun haben.
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