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Änderung im UnterhaltsrechtMehr Geld nach der Scheidung

Der Bundestag plant eine Gesetzesänderung im Unterhaltsrecht. Die Dauer der Ehe soll nun berücksichtigt werden.

Unterhaltsansprüche können nun auch an der Dauer der Ehe gemessen werden. Bild: dpa
Heide Oestreich
Interview von Heide Oestreich

taz: Frau Hoheisel, seit der letzten Änderung des Unterhaltsrechts 2008 konnte Exfrauen der Unterhalt gekürzt werden, auch wenn sie lange Zeit Kinder erzogen hatten und deshalb schlecht einen Job fanden. Löst die Gesetzesänderung, die der Bundestag am Donnerstagabend beschließen wollte, dieses Problem?

Miriam Hoheisel: Ja. Das bisherige Unterhaltsrecht änderte die Spielregeln mitten im Spiel. Frauen, die sich früher darauf eingestellt hatten, dass sie nach einem Ende der Ehe versorgt sein würden, sollten plötzlich für sich selbst sorgen. Für diese sogenannten Altfälle ist die Regelung, die ab März 2013 gelten soll, eine Verbesserung.

Obwohl es dort schwammig heißt, künftig sei wieder die Ehedauer zu beachten, wenn der Unterhalt berechnet wird?

Ja, denn bisher hatte die Frau nur die Möglichkeit, nachzuweisen, dass sie sogenannte ehebedingte Nachteile erlitten hat. Eine Frau hat etwa vor zwanzig Jahren als Krankenschwester gearbeitet und mit den Kindern im Job aufgehört. Sie muss vor Gericht plausibel machen, dass sie heute Stationsschwester wäre. Die Differenz zwischen dem Minijob, den sie inzwischen hat, und dem Gehalt einer Stationsschwester ist der ehebedingte Nachteil.

Und wenn sie es nicht nachweisen konnte?

Dann wurde oft der Unterhalt gekürzt. Jetzt gibt es ein neues Kriterium: die Dauer der Ehe. Wenn man die ehebedingten Nachteile nicht nachweisen kann, kann nun eine langjährige Ehe verhindern, dass der Unterhalt beschränkt wird. Schon damals haben wir für ältere Ehen eine Art Vertrauensschutz gefordert. Man hätte eine Übergangsregelung schaffen müssen für die vielen Frauen, die vor Jahrzehnten im Vertrauen auf andere gesetzliche Regelungen beruflich zurückgesteckt haben.

Miriam Hoheisel

Die 37-jährige Sozialpsychologin ist Geschäftsführerin des Verbandes Alleinerziehender Mütter und Väter (Vamv), der sich für Einelternfamilien einsetzt.

Heißt das nun, Ehefrauen können ruhig wieder daheim bleiben, denn für sie wird auch nach der Scheidung gesorgt?

Nein, das Unterhaltsrecht ist weiter vom Leitbild geprägt, dass Frauen und Männer Eigenverantwortung übernehmen. Der Unterhalt geht vorrangig an minderjährige Kinder, da bleibt oft für die Exgattin nichts mehr übrig. Frauen sind gut beraten, auch während der Ehe finanziell auf eigenen Füßen zu stehen, um bei einer Scheidung nicht vor dem sozialen Abstieg zu stehen.

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3 Kommentare

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  • MS
    Mathias Swoboda

    Hallo,

    Das Problem ist doch letztlich, dass der Staat nichts fuer diese benachteiligten Frauen organisieren kann, um in der Arbeitswelt wieder Fuß fassen zu können. Anreize fuer einen Wiedereinstieg in die Eigenversorgung des Individuums wird genommen. Die des Menschen wird nicht gefordert. Alle nun betroffenen Faelle (erheblichen Anzahl) wird an einem antiquierten Lebensentwurf gemessen, der nicht mehr der Realitaet entspricht.

    Genau dieser Lebensentwurf führte zu einer Versorgungsmentalitaet die nur zu gern in Anspruchngenommen wird. Das neue Gesetz wirft die Betroffenen weit vor die alte Regelung zurück. Die neuen Beziehungen werden erneut belastet. Die Anwaltsindustrie verdient kräftig, die natürlich Begehrlichkeiten schueren wird. Das neue Gesetz belastet mehr Menschen, als es entlastet. Es ist eine Bankrotterklaerung des Staates. Am Ende hinterlässt diese Regelung nur Verlierer.

    Die Gesellschaft sollte sich überlegen wie sie Gesamthaft dieses Problem angeht und nicht nach schnellen schlechten Regelungen sucht. Dafuer sollte ein Gesellschaftlicher Diskurs geführt werden, bevor man einsam Gesetze erlasest.

     

    MfG

    Mathias Swoboda

  • WB
    Wolfgang Banse

    Längst überfällig ist eine Erneuerung was das Unterhalsgeld im Bezug auf eine scheidung betrifft.Das nterhaltsgeld sollte dem entsprechend berechnet werden,wie viele Jahre die geschiedenen Partner verheiratet waren.

  • J
    Jörn

    Eine Scheidung ändert die Spielregeln mitten im Spiel. Bei der konservativen Aufgabenteilung kann sich kein Mann darauf verlassen, dass die Frau nach der Scheidung sich weiter um den Haushalt kümmert - wieso auch. Warum sollen die Frauen aber dann die Sicherheit bekommen, dass er weiter für sie arbeitet, wenn sie die Ehe aufkündigen.

     

    Von der Scheidung profitiert zu allererst der Fiskus. Trotz höherer Kosten (meist kommt zur bisherigen gemeinsamen Wohnung noch eine weitere hinzu, doppelter Hausstand, Fahrtkosten wenn Kinder da sind etc.) verlangt der Staat deutlich höhere Steuern als vorher.

    Wenn dann noch die Frau auf der Bewahrung ihres Lebensstandards vertrauen darf (ohne aber ihren Teil dazu weiter beizutragen), bleibt für den Mann nicht mehr viel übrig. Zumindest nicht so viel, dass er eine neue Familie versorgen könnte. Lernt der konservative Mann aus seinen Fehlern, wandelt sein Rollenverständnis und will künftig die Familie vor den Beruf stellen, so dreht die Rechtsprechung ihm einen Strick daraus. Selbst wenn er Erziehungsurlaub nimmt und deshalb nur noch einen Bruchteil seines früheren Einkommens hat, darf seine Exfrau darauf vertrauen, dass die Spielregeln der früheren Ehe (Mann ist Alleinverdiener) weiter gelten. Die "Hausmannrechtsprechung" verpflichtet ihn in diesen Fällen weiter so viel Unterhalt zu zahlen, als ob er weiter arbeiten würde - unabhängig davon, ob er dieses Geld verdient oder die Exfrau es benötigt. Diese "Hausmannrechtsprechung" zwingt ihn dann unter Androhung von Gefängnis in die alte Geschlechterrolle und zur Vernachlässigung seiner neuen Kinder.

     

    Statt die Reform weiterzuführen und sexistische Auswüchse der Rechtsprechung wie z.B. die "Hausmannsrechtsprechung" abzuschaffen, wird die Reform gleich wieder zurückgedreht.