: Adolfo Assor: "Traum eines lächerlichen Menschen"
Über schwindelerregende Abgründe führt von Liebe über die Einsamkeit des Seins bis zum Wahnsinn ein schmaler Grat. Manchmal kann man ihn sehen. Wenn Adolfo Assor spielt, dann geht das an die Substanz: Hier werden die Hoffnungen und Zweifel der eigenen Existenz vorgeführt. »Ich bin ein lächerlicher Mensch« sagt der Held im »Traum eines lächerlichen Menschen«, und in seiner Verzweiflung beschließt er, Selbstmord zu begehen. Doch vorher hat er einen phantastischen Traum. Ein fremdes Wesen nimmt ihn mit auf einen anderen Stern. Dort erlebt er Menschen im Paradies des Glücks, der Liebe und der Harmonie. Doch er muß mitansehen, wie am Ende die glücklichen Menschen der Lüge verfallen. Was niemals war: plötzlich gibt es Haß und Mord, Krieg und Elend unter ihnen. In unsagbarer Qual glaubt der Erdenmensch, das unschuldige Land verdorben zu haben. Da endet der Traum, er erwacht.
»Wir möchten das Leben retten« sagt Assor, »das Leben zeigen, das Leben sprechen lassen«. Er geht seinem Publikum sehr entgegen und hofft, daß es sich darauf einläßt: im Spiel eigene Ängste zu erkennen, sie zu erlauben, um sie überwinden zu können. Der hohe, enge Bühnenraum im Garn-Theater mit kaum mehr als 30 Plätzen läßt jeden einzelnen seine Nähe spüren - und er nutzt sie aus. Assors Spiel vereinnahmt und öffnet die Augen für das Fremde. Es ist ein Spiel gegen die Lüge: glatte Geschichten zu erzählen. »Ich gehe hinein in den Wahnsinn — ich will den Wahnsinn erreichen und gehe soweit wie möglich.« Wiederaufnahme seit Freitag jeden Abend um 20.30 im Garn-Theater. Anke Sorger
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