Ackermann mit Bilanz der Deutschen Bank: Erben mit gefährlichen Plänen
Letztmalig präsentiert Josef Ackermann die Jahresbilanz der Deutschen Bank. Die Nachfolger, Jürgen Fitsche und Anshu Jain, übernehmen ein durchwachsenes Erbe.
HAMBURG taz | Die Bilanzpressekonferenz am Donnerstag bot Josef Ackermann die Möglichkeit, die große Bühne noch einmal alleine zu beherrschen. Nach zehn Jahren als Vorsitzender des Vorstandes wird Ackermann im Mai ausscheiden und nicht wie erwünscht als starker Mann in den Aufsichtsrat wechseln. Doppelbosse werden dann der bisherige Deutschland-Chef Jürgen Fitschen und der Brite indischer Abstammung Anshu Jain. Er leitete bisher das international ausgerichtete Investmentbanking.
Vor allem mit Jain verbindet sich - je nach Sichtweise - die Erwartung oder Sorge, dass die Deutsche Bank noch stärker in das riskante und zugleich lukrative Geschäft mit Aktien, Termingeschäften und Hedgefonds einsteigt. Die von Investoren, Fonds und Versicherungen gezahlten Provisionen im Investmentbanking sorgten in guten Zeiten dafür, dass die Kassen klingelten: Im Rekordjahr 2007 - vor der Krise - trug dieses hochspekulative Geschäft drei Viertel zum Rekordgewinn von rund 8,75 Milliarden Euro vor Steuern bei.
Die Krise zeigt nun jedoch, wie anfällig Jains Geschäftszweig ist. Im vierten Quartal rutschte das Institut vor Steuern mit 351 Millionen Euro in die roten Zahlen. Nur dank einer Steuergutschrift stand im vierten Quartal 2011 unter dem Strich noch ein Gewinn von 147 Millionen Euro. Im Schlussquartal 2010 hatte die Deutsche Bank noch 707 Millionen Euro verdient. Ausgerechnet in der Sparte von Jain brach der Gewinn um mehr als 40 Prozent ein. In dem Bereich sollen bis März 500 Jobs abgebaut werden.
Unter dem Strich geht die Deutsche Bank zwar als Sieger aus der globalen Banken- und Finanzkrise hervor. Doch Jains Investmentbanking ist kapitalintensiv. Zum einen muss den Kunden genügend Kredit als "Hebel" für deren Zockereien zur Verfügung gestellt werden. Zum anderen gilt es, die teuren Computersysteme für die Geschäfte mit Millionen Transaktionen täglich bereitzustellen.
Schwieriges Erbe für Jain
Jain wird sich am Anfang seiner Amtszeit vor allem aber mit einer Reihe von Altlasten herumschlagen müssen. In den USA warten milliardenschwere Prozesse auf ihn. Der Vorwurf: Die Bank soll wissentlich Kunden Schrottpapiere angedreht haben, die im Sommer 2007 die globale Banken- und Finanzkrise auslösten.
Mit dem Norddeutschen Jürgen Fitschen an Jains Seite dürfte die Deutsche Bank zugleich ihre Doppelstrategie fortsetzen: das profitversprechende, aber riskante Investmentgeschäft durch solide klassische Zinsgeschäfte mit Krediten und hunderten Filialen für Sparer und Häuslebauer in Deutschland abfedern.
In diesem Jahr steht die vollständige Integration der Postbank an. Bis Juni soll diese prunklose Bank für Kleinsparer mit bundesweit 14 Millionen Kunden zu einem neuen Vertriebskanal umgebaut werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Außenministertreffen in Brüssel
„Europa spricht nicht die Sprache der Macht“