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Archiv-Artikel

Abu Ghraib – do it yourself in Kabul

US-Kopfgeldjäger, die in der afghanischen Hauptstadt Razzien durchführten und ein Gefängnis betrieben, stehen vor Gericht. Sie wollten Ussama bin Laden fangen und behaupten, das Pentagon habe mit ihnen kooperiert, lasse sie jetzt aber fallen

VON SVEN HANSEN

Als afghanische Polizisten Anfang Juli in Kabul das Haus einer angeblichen Export-Import-Firma stürmten, staunten sie nicht schlecht. Drei gefesselte Afghanen baumelten kopfüber hängend von der Decke, mindestens fünf weitere lagen mit über den Kopf gestülpten Säcken gefesselt auf dem Boden. Dies berichtete ein an der Aktion beteiligter Polizist der Nachrichtenagentur AP.

Das private Verhörzentrum, in dem die Gefangenen bereits seit zwölf Tagen gequält wurden, betrieben drei bewaffnete US-Amerikaner in Kampfanzügen. Bis dahin hatten sie sich gegenüber afghanischen Sicherheitskräften und der Nato-Friedenstruppe Isaf, die mehrfach für die Gruppe Sprengstoff untersuchte, stets als Angehörige der US Special Forces ausgegeben. Erst als das US-Militär sich distanzierte, flog der Schwindel auf und führte zur Verhaftung der drei Kopfgeldjäger.

Seit gestern stehen sie in Kabul wegen „Geiselnahme“ vor Gericht. Ihnen drohen 20 Jahre Gefängnis. Die Gruppe führt der 48-jährige Ex-Soldat Jonathan Keith „Jack“ Idema. Beim gestrigen Prozessauftakt beschuldigte er das US-Verteidigungsministerium, mit ihm regelmäßig per Telefon, E-Mail und Fax Kontakt gehabt zu haben. „Die amerikanische Armee hat geduldet und unterstützt, was wir getan haben“, sagte Idema lauf AFP. Er habe mit seinen Mitstreitern mehrere Monate lang mit der „vollen Deckung“ der US-Behörden gehandelt. „Mindestens zweimal“ habe seine Gruppe Terroristen den US-Streitkräften auf dem Stützpunkt Bagram übergeben. Idema will zudem Pläne für Attentate auf den afghanischen Verteidigungsminister Mohammed Kasim Fahim und Erziehungsminister Yunus Kanuni vereitelt haben.

Idema stammt US-Medien zufolge aus Poughkeepsie in New York. Er war 1975 bis 1992 Mitglied der Special Forces und hatte danach eine Firma, die mit Militärausrüstung handelte. Wegen Betrugs wurde er 1994 zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. In den USA klagt Idema seinerseits noch gegen Steven Spielbergs Firma DreamWorks. Deren Film „The Peacemaker“ mit George Cloney über einen außer Kontrolle geratenen US-Oberst, der Jagd auf russische Atomschmuggler macht, soll auf Idemas Geschichte basieren.

Mit dem Krieg gegen den Terror witterte Idema seine Chance, auch wegen der 25 Millionen Dollar Kopfgeld, die Washington auf Hinweise zur Ergreifung von Ussama bin Laden aussetzte. Im Herbst 2001 reiste Idema nach Afghanistan und bot sich der von den USA unterstützten Nordallianz als Berater an.

Idemas Fall dürfte das Image der USA weiter beschädigen, das bereits durch die Misshandlungen von Gefangenen im Bagdader Gefängnis Abu Ghraib und in US-Militärgefängnissen in Afghanistan angeschlagen ist. Selbst wenn Idema auf eigene Faust gehandelt haben sollte, dürften sich viele Afghanen fragen, wie es möglich war, sich als US-Militär auszugeben und Afghanen zu verhaften, ohne dass US-Truppen und Geheimdienste davon etwas merkten.