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Abtreibungsdebatte bereits am 20. Mai

Bonn (afp/dpa) — Der Bundestag soll nach dem Willen von SPD und FDP bereits am Mittwoch nächster Woche in Berlin in erster Lesung über den Gruppenantrag zur Neuregelung des Abtreibungsrechts beraten. Dies teilte der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Peter Struck gestern in Bonn mit. Auf dem Hauptplenartag im alten Berliner Reichtagsgebäude soll neben der ersten Lesung eine zeitlich begrenzte erste Debatte stattfinden. Einen Tag später soll dann der Sonderausschuß zum Paragraph 218 ebenfalls in Berlin in einer ganztägigen Sitzung über den Gruppenantrag einer Fristenregelung beraten.

Struck zufolge soll dann voraussichtlich am 25. Juni endgültig über den Gruppenantrag für eine Fristenlösung mit Pflichtberatung abgestimmt werden. Nach dem Vorbild der Bonn-Berlin-Entscheidung soll es an diesem Tag eine ganztägige Debatte geben, in der ohne Fraktionspflicht jeder Abgeordnete zu Wort kommen kann. Struck zeigte sich zuversichtlich, daß der Kompromiß im Bundestag eine Mehrheit findet und daß neben SPD und FDP auch eine Reihe von CDU-, PDS- und Bündnis 90/Grüne-Abgeordneten zustimmt.

Noch nicht geklärt ist das genaue Abstimmungsverfahren. Nach den Worten des SPD-Fraktionsgeschäftsführers soll bei der endgültigen Entscheidung im Juni auf jeden Fall auch über den SPD-Antrag für eine reine Fristenlösung abgestimmt werden. Jeder Abgeordnete müsse zunächst für seine „Ideallösung“ stimmen können, bevor über den Kompromiß entschieden werde. Falls dabei allerdings zwischen den voraussichtlich sieben Entwürfen im „K.O.-Verfahren“ abgestimmt wird, bestünde die Gefahr, daß der Kompromiß frühzeitig ausscheidet. Dies müsse auf jeden Fall verhindert werden, sagte Struck.

Der FDP-Abgeordnete Gerhart Baum forderte unterdessen die Abgeordneten von FDP und SPD auf, ihre Einzelanträge zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs zugunsten des gemeinsamen Gruppenantrags zurückzuziehen. Das müsse spätestens bis zur zweiten Lesung erfolgen, verlangte er. Andernfalls würde die jetzt erreichte Einigung über die Parteigrenzen hinweg entwertet und der Kompromiß einer Fristenregelung gefährdet.

Aus den Reihen der mittlerweile zerstrittenen Unionsfraktionen beschwerte man sich derweil schon über den geplanten Termindruck. Der Unions-Politiker Jürgen Rüttgers (CDU) äußerte sich „skeptisch“ zu den Terminvorschlägen. Er warnte vor einem „verfrühten Schluß der Debatte“ und plädierte dafür, die Diskussion zunächst in den Ausschüssen des Bundestags fortzusetzen. Der Einigungsvertrag sieht bei einer Neuregelung des Paragraphen 218 eine Abstimmung ohne Parteidisziplin und Koalitionszwang vor. Er verlangte eine Begründung dafür, warum der von SPD und FDP ausgehandelte Gruppenantrag zu einer Fristenlösung mit Beratungspflicht bereits in der nächsten Woche in den Bundestag eingebracht werden solle. Wenn die SPD eine Debatte zu diesem Antrag wolle, der auch von einigen CDU-Abgeordneten unterstützt wird, werde die Union dies „politisch bewerten“. Die CDU, vor allem aber die CSU scheinen nicht Willens, ihren Abgeordneten hier volle Entscheidungsfreiheit zu gewähren und eine mögliche Niederlage des eigenen Indikationsentwurfs mit Fassung zu tragen.

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