■ Abschied von der Garnison: Wie lief's mit den Russen?
Inge Vetter, 64 J., Rentnerin
Ich war 15, als wir enteignet wurden. Später war ich 39 Jahre lang Verkaufsstellenleiterin in einem kleinen Kramladen außerhalb der Kaserne. Wenn ich mal ein paar Cordhosen zurücklegte, machten die Russen Terror. Aber ich habe dort gerne gearbeitet. Im Moment merken wir noch nicht, daß es weniger geworden sind, vor allem an Feiertagen. Wenn hier eine Garnison hinkäme, wäre es das Beste.
Cornelia Lehmann, 32 J., Bäckerin
Ich hatte mit Russen als Kunden viel Kontakt und kam gut mit ihnen klar. Nur Kleinigkeiten ärgerten mich. Zum Beispiel hatten die Russenfrauen alles weggekauft, wenn wir von der Arbeit kamen, obwohl es auf dem Kasernengelände alles in Hülle und Fülle gab. Das Beste wäre, wenn die Bundeswehr reinkäme. Es sollen viele Menschen herkommen, mit denen wir auch klarkommen.
Marianne Reichert, 55 J., Verkäuferin
Das Verhältnis zu den Russen war nicht schlecht. Mittlerweile suchen sie zu Deutschen verstärkten Kontakt. Früher durften wir ja nicht. Viele können auch deutsch. Es wäre gut, wenn ein Gewerbepark entstünde. Die Russen haben auch viele Geschäfte, die von den Deutschen irgendwann mal übernommen werden, damit mal ein bißchen Niveau in Wünsdorf eintritt. Abwarten und Tee trinken.
Katharina Krummbach, 22 J., Verkäuferin
Probleme hatte ich eigentlich nie mit den Russen. Bloß, daß man ab und zu mal gehört hat, daß sie Frauen überfallen haben. In Klausdorf war ich auch schon Verkäuferin, und die Russen waren immer nett gewesen. Näheren Kontakt hatte ich aber nicht. Das Beste wäre, wenn Wohnungen für die Leute geschaffen würden. Hoffentlich kommen nicht so viele Ausländer.
Anne-Kathrein Ahlert, 33 J., Schneiderin
Das Verhältnis zu den Russen war eine Zeitlang gut. Aber sie haben meinem Sohn das Fahrrad geklaut. Die Kinder haben gesehen, daß es Russen waren. Darüber sind wir natürlich erbost. Früher kam mal ein junger Mann öfters zu uns. Aber als das rauskam, ist er verschwunden. Wir hoffen, daß Wohnungen zur Verfügung stehen und Arbeitsmöglichkeiten entstehen. Vor allem Frauen sind arbeitslos.
Sandra Schulz, 15 J., Schülerin
Ein Russe war im Eis eingebrochen, und mein Vater hat ihn rausgezogen. Er hatte ihn mit nach Hause genommen und ihm ein heißes Bad gemacht. Danach waren wir Freunde. Er kam später oft und brachte Geschenke mit. Vor zwei Jahren mußte er zurück. Seitdem haben wir keinen Kontakt mehr. Von mir aus können die Russen hier bleiben. Aber ein Einkaufszentrum wäre auch nicht schlecht.
Umfrage: Susanne Landwehr
Fotos: Theo Heimann
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