: Abpfiff für Vogelsang
NEUKÖLLN Vizebürgermeisterin Stefanie Vogelsang (CDU) wird von einer Koalition aus SPD, Linken, Grünen und Teilen der CDU abgewählt. Antrag kam aus den eigenen Reihen
Dirk Schumacher (Graue)
VON STEFAN ALBERTI
Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Neukölln hat am Dienstagabend in einem weithin einzigartigen Vorgang die CDU-Stadträtin und stellvertretende Bürgermeisterin Stefanie Vogelsang mit Zweidrittelmehrheit abgewählt. Nach einer nur 15-minütigen Aussprache stimmten stimmten 40 der 55 Mitglieder des Bezirksparlament gegen die 43-Jährige, nötig waren nur 37. Damit hat mindestens eine Handvoll der CDU-Vertreter für die Abwahl der eigenen Stadträtin votiert. Vorausgegangen war ein monatelanger Flügelkampf in der CDU. Auch der Antrag zur Abwahl war aus den eigenen Reihen gekommen.
Zwölf Jahre lang hatte Stefanie Vogelsang im Neuköllner Rathaus Politik gemacht, als Stadträtin und stellvertretende Bürgermeisterin. Im September wollte sie ohnehin in den Bundestag wechseln. Auf Listenplatz drei der CDU eine sichere Sache. In den vergangenen Monaten aber hatte sich parteiintern zunehmend Opposition gegen Vogelsang formiert. Im Februar verlor sie den CDU-Kreisvorsitz, der konservative Parteiflügel macht sie dafür verantwortlich, dass der Kreisverband auf 40.000 Euro Schulden sitzt. Zudem hielt man ihr unkorrekte Abrechnungen vor.
Eine Angelegenheit für die BVV wurde die Sache, als 7 von 17 Mitgliedern der CDU-Fraktion auch ihre Abwahl als Stadträtin beantragten. Genau das hatten vor einem Jahr schon SPD, Grüne, Linkspartei, FDP und die Grauen getan. Ohne Erfolg – notwendige und angeblich zugesagte Stimmen von CDUlern blieben aus, weil die Union nicht an der Abstimmung teilnahm.
Vogelsang stand damals wegen angeblicher handwerklicher Fehler in der Kritik. Daran habe sich ja nichts geändert, sagten der taz unisono die Fraktionschefs von SPD, Grünen und Linkspartei. Darum gebe es keinen Grund, jetzt anders zu stimmen. Vielmehr sei Kritik hinzugekommen, zuletzt am Personalmanagement im Bürgeramt.
Die CDU-Landesspitze hatte wochenlang versucht, den Abwahlantrag von der Tagesordnung zu bekommen – vergeblich. Intern hatten die Parteioberen dem Vernehmen nach den Neuköllnern klargemacht, dass eine Abwahl als parteischädigendes Verhalten einzuordnen sei. Deshalb drohe ein Parteiausschluss. Das führte jedoch nur dazu, dass am Montag nur noch fünf statt zuvor sieben CDU-Bezirksverordneten die Abwahl forderten.
Das ließ die Sache knapper werden, denn die Grauen hatten sich nicht abschließend festgelegt. „In der Sache halten wir eine Abwahl ja für gerechtfertigt“, sagte Grauen-Fraktionschef Dirk Schmacher der taz. „Aber was da in der CDU läuft, ist eine überzogene Hasskampagne. So geht man nicht mit einem Menschen um – selbst Machiavelli könnte hier noch was lernen.“