Abgeordnetenhaus: Opposition wirft Nußbaum Heimlichkeit vor
Der Finanzsenator soll Einnahmen gehortet haben, werfen ihm die Grünen vor. Nußbaum weist das in Zensusdebatte zurück und sagt, er habe stets informiert.
Ulrich Nußbaum, der parteilose Finanzsenator auf SPD-Ticket, hat sich schon viele Zweitnamen anhören müssen. Mal war er der Bentleyfahrer, mal der Fischhändler. Dem Grünen Jochen Esser verdankt er seit der Plenarsitzung am Donnerstag einen weiteren: „eine wandelnde Desinformationsagentur“ sei er. Hinter dieser Wortschöpfung steht ein harter Vorwurf: Nußbaum soll die Landesfinanzen nicht transparent geführt haben, soll heimlich „millionenschwere Bunker“ angelegt haben, sonst könne er jetzt nicht so schnell die Zensusausfälle ausgleichen. „Das muss ein Ende haben“, sagte Esser.
Da Berlin nach dem vorläufigen Ergebnis des Zensus 180.000 Einwohner weniger hat als gedacht, muss das Land zwei Drittel des Gelds zurückzahlen, das es seit 2011 aus dem Länderfinanzausgleich erhalten hat: 940 Millionen Euro. Fast eine halbe Milliarde davon soll sich über unerwartete Steuereinnahmen und geringere Zinsausgaben decken lassen. Wie die restlichen 450 Millionen zu finanzieren sind, will Nußbaum nach einem Kassensturz zum 30. Juni klären.
Dass die Grünen um Esser darin Taschenspielertricks statt seriöser Finanzplanung sehen, die Linkspartei gar Voodoo-Zauber vermutet, ist für Nußbaum nicht nachvollziehbar. Wenn er die Reden der Opposition höre, frage er sich, was deren Abgeordnete eigentlich im für die Finanzen zuständigen Hauptausschuss machen würden, wo er regelmäßig die Zahlen vorlege.
Zinsrisiko schlägt Zensus
Nußbaum nutzte die Gelegenheit auch dazu, jenen zu widersprechen, die Berlin bei den Sparanstrengungen schon über dem Berg sehen. Er erinnerte daran, dass es zu einem guten Teil an den niedrigen Zinsen für die Altschulden von 63 Milliarden Euro liegt, dass Berlin 2012 ohne neue Kredite auskam. Stiegen die Zinsen nur um einen einzigen Prozentpunkt, müsste das Land jährlich 630 Millionen Euro mehr zahlen. „Das Zinsrisiko ist ein viel größeres, als wir es beim Zensus haben“, sagte Nußbaum.
Die SPD stützte ihn: „Was jetzt passiert, ist die Offenlegung der strategischen Reserven“, sagte ihr Chefhaushälter Torsten Schneider. Sinnvolle Kürzungsideen bei den Ausgaben habe er noch nicht gehört. „Die Landeszentralbibliothek streichen zu wollen, ist besonders innovativ“, höhnte Schneider, auch in Richtung von Koalitionspartner CDU, der von der Bibliothek weg will. Denn dafür seien bis 2015 nur 8,5 Millionen Euro eingeplant.
Schneiders Marschroute für die Beratungen über den Landesetat 2014/15: „Haushaltsdisziplin, keine Kürzungen“. Dabei rückte der SPD-Abgeordnete auch ein Stück von dem Ziel ab, im Landeshaushalt bereits 2015 dauerhaft ohne neue Kredite auszukommen – laut der Schuldenbremse im Grundgesetz ist dafür bis 2020 Zeit.
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