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Ab sofort: Alle Macht für Gorbatschow

■ Der Oberste Sowjet beschließt weitgehende Sondervollmachten für den Präsidenten

Berlin/Moskau (dpa/taz) — Das sowjetische Parlament hat am Montag in großer Geschlossenheit Staatspräsident Michail Gorbatschow mit Sondervollmachten ausgestattet, die die Vorrechte des Obersten Sowjet beschneiden. Danach erhält der Staatschef bis März 1992 das Recht, „in Übereinstimmung mit der Verfassung Dekrete zu erlassen zu Fragen der Eigentumsverhältnisse, der Verwaltung, der Volkswirtschaft, des Haushaltes, der Finanzen, der Löhne, der Preisbildung sowie zur Festigung der Rechtsordnung“.

Das Parlament kann dem Präsidenten nur im nachhinein „empfehlen“, die Dekrete „aufzuheben oder abzuändern“. Ein Abgeordneter sagte, dies mache Gorbatschow schon jetzt zu einem „Monarchen“. Demonstranten protestierten mit dem Slogan „Ein Präsident, kein Zar“ gegen die Machtfülle. Am frühen Morgen hatten die Parlamentarier mit ähnlich großer Mehrheit beschlossen, daß Gorbatschow das Konzept für den Übergang der zerfallenden Planwirtschaft des Landes in eine Marktwirtschaft ausarbeiten soll.

Über das Wirtschaftskonzept hatte sich der Oberste Sowjet zwei Wochen lang nicht einigen können. TAGESTHEMA SEITE 3

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