AUSBILDUNGSPLÄTZE – EIN RANDTHEMA, BIS DIE WAHLEN VORBEI SIND : Wirtschaft nicht mehr unter Druck
Zu den vielen Opfern der vorgezogenen Bundestagswahlen zählen auch die Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz brauchen. Zwar gab Bildungsministerin Edelgard Bulmahn gestern eine ihrer Gute-Laune-Pressekonferenzen und lobte – in diesem Fall – die nicht deutschstämmigen ausbildungswilligen Unternehmer. Doch können solche Aktionen nicht darüber hinwegtäuschen, dass in diesem Jahr die Lehrstellenlücke deutlich größer sein wird als im vergangenen.
Haben die Wirtschaftsverbände sich 2004 im „Ausbildungspakt“ noch von der rot-grünen Regierung drängen lassen, 15.000 zusätzliche Lehrstellen zu schaffen, so haben sie heuer dafür keinen Anlass. Die SPD hat keine Gesetzesdrohung, also kein Druckmittel mehr in der Hand. Dies ist den Sozialdemokraten auch klar – und deshalb schweigen sie lieber, bevor sie mit einer Ausbildungsplatzabgabe drohen und sich lächerlich machen. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement, vor einem Jahr noch der vollmundige Ausbildungsplatzbeschaffer, erwähnte kürzlich nur am Rande, dieses Jahr liege man noch ein wenig zurück. Aber die Politik könne auch nicht alle Probleme am Arbeitsmarkt alleine lösen.
Die Union dagegen braucht sich um nichts zu kümmern. Im Gegenteil: Je dramatischer die Zahlen zum Beginn der Ausbildungssaison im September, umso genussvoller kann die Union sie gegen die SPD verwenden. Auf diese Weise ist der Ausbildungspakt, eigentlich ein auf Dauer angelegtes Versprechen, jetzt schon wieder tot. Die Wirtschaft wird hinter dem 2004 Erreichten zurückbleiben, also vielleicht sogar wieder mehr Ausbildungsplätze abbauen als neu schaffen. Sie wird sich, sollte im Neuwahl-Getöse im Herbst jemand nachfragen, wieder hinter der mangelnden Ausbildungsfähigkeit der jungen Leute verstecken.
Doch ebenso wie die SPD wird die Union sich im kommenden Jahr der Ausbildungsmisere stellen und irgendeinen Pakt mit der Wirtschaft schließen müssen. Hunderttausende von unversorgten und in Maßnahmen geparkten jungen Leuten verschwinden nicht einfach. ULRIKE WINKELMANN