AUF HOLPRIGEM WEG : Dosen hüpfen
Ich radle über verbeultes Pflaster nach Hause. Mein Fahrrad klappert und scheppert und klingelt bei jeder Erhebung. Davor war ich war noch bei Kaiser’s in der Alexandrinenstraße einkaufen. Das ist zwar mit Abstand der schlechteste Kaiser’s, den ich kenne. Aber der Einkauf hat praktische Vorteile.
Die Gänge sind eng, es riecht nach Milchsäure im Eingangsbereich und das Fleisch sieht immer so aus, als ob es schon seit Wochen da rumliegt. Der Fisch sieht einfach nicht aus wie Fisch, und außerdem haben sie nur diese Körbe, die man hinter sich herzieht. Ich hasse diese Teile. Aber Nudeln und Tomatendosen kann man dort gut kaufen, weil der Kaiser’s auch nie voll ist.
Die Huckel im Pflaster kommen von den Rissen im Fahrradweg. Die Risse werden über die Jahre hinweg durch die Baumwurzeln nahestehender Bäume verursacht. Ich werde immer ganz euphorisch, wenn ich über solch aufgeplatztes und zerissenes Straßenwerk radle. Hier holt sich die Natur doch nur wieder, was ihr die Stadt zu nehmen versucht. Das ist ihr Recht. Es lebe die Natur!
Die Einkaufstüte vorne im Fahrradkorb ist nicht richtig zugeknotet und so springt mir beim nächsten Buckel eine Dose Tomaten aus dem Korb. Ich bremse, fluche und sehe einen Fahrradfahrer hinter mir, der auch gerade noch bremsen kann. Er stellt sein Fahrrad sorgfältig gegen einen der rebellischen Bäume und hebt mir die Dose auf.
Während er sie mir übergibt, sagt er: „Tomatensoße kann man auch aus frischen Tomaten machen.“
Woher weiß er, dass ich Tomatensoße machen will, frage ich mich. Ich sage: „Danke.“ Während er auf sein Fahrrad steigt, sagt er: „Männer können auch so sein“, und fährt davon. Ich blicke ihm nach und seine Gestalt hüpft bei jedem Huckel ein bisschen in die Höhe. MAREIKE BARMEYER