■ ARTUR, BERLINOID: Rausch und Realität
Von wegen! Artur hat nicht Tag für Tag dieses sammetweiche Gemüt.
Seine Mettwurstigkeiten und Eisbeinereien, behauptet Artur, sind ihm zwar in all den Jahren des Querweltein für besseres Wissen auf den Strecken geblieben, und nur noch dann und wann greift ihn dieser ganze Jammer an: dieses bodenlose Hadern mit den Wellenbewegungen des Zeitgeistes, die Unverforenheiten irgendwelcher Gestalten, die sich PolitikerInnen nennen lassen und die unerträgliche Seichtigkeit des wohlständigen Sahnehäubchens auf dem Hier und Jetzt.
Dann knallt er durch — fast so schön wie das Strandfeuerwerk bei Monsieur Hulot.
Zum Beispiel, wenn Drogenbeauftragte (!) Vollkorn und/oder SozialpädagogInnen noch immer bedeutsam und verbissen und kopflos selbstverändlich nachplappern: »Das können wir nicht freigeben.« (Wer kann was nicht, für wen nicht und warum nicht?) Das Speien und ein Kropf kommen Artur an, Wahnsinn und eine Prise Anarchie gegen kalte Verfaßtheiten und kopfnickenden Stumpfsinn.
Es kommt dann vor, sagt Artur, daß er, bei ihm platonisch Gewogenen, mitternächtlich rauchend an Bettstätten rumpöbelt, glasbelegte Couchtische durch Wohnküchen treibt, gegen Türfüllungen wütet und — was denn sonst? — volles Rohr dann mit nackten Füßen in die halben Rundungen der zersplitterten Weingläser tritt.
Längst verbunden, nur noch wenig blutend und fast wieder ganz bei sich, hat Artur, so berichtet er, dann vorsichtshalber mal einen dieser Ärzte für Seelen-Leid aufgesucht. Dieser hätte ihm nach einer halben Stunde lästig die Hand auf den Unterarm gelegt: »Sie müssen die Menschen auf sich zukommen lassen!«
»Aha!« habe er geantwortet, die Rechnung über DM 184 sogleich bezahlt und sei dann verloren in Gedanken in die buntvitale Bar des Souterrains gestolpert. Märchenhafte Duftschwaden aus allen Teilen der Welt, sagt er, hätten ihn umwabert, wie bei Theaterbesuchen. Menschen aller Geschlechter seien auf ihn zugekommen: reizend, auf überaus überzeugende Weise verständnisvoll in allen Lagen des Lebens — und auf jeden Fall vorbereitet. »Das war ein Tag wie viele andere nicht«, setzte Artur seinem Selbstfindungstauschkurs ein Ende.
»Und«, fragte er, »weißt du, wie die Menschen einen da verabschieden? ‘Tschüßelchen‚, sagt man dort, und ‘Paß bloß auf, du‚.« Clemens Walter
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