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■ ARTUR, BERLINOIDSicher ist sicher

So wenig Vertrauen haben manche Menschen, und der Berliner ist wohl ganz besonders mißtrauisch und muß sich ver- und absichern. Auf einer Radtour in Norwegen lernte Artur einen kennen von dieser Sorte, der ist Physiker und zitiert gern Einstein: »Gott würfelt nicht«, sagt er gern mit erhobenem Zeigefinger, »Einstein«.

In Landschaften und im Unterholz der Städte fährt dieser Mensch durchaus leidenschaftlich Fahrrad — ein Damenfahrrad, könnte ja sein, er muß mal ganz plötzlich absteigen, und übrigens ohne Helm, weil er um den Bestand seiner kunstvoll frisierten Restbehaarung fürchtet. Und er respektiert aufs akkurateste, so betont er, rote Ampeln und Fußgänger. Darüber hinaus und noch viel mehr aber fürchtet er das Versagen der Bremsen. Aus diesem Grunde hat er am Vorderrad nicht nur eine Felgenbremse, sondern auch noch eine Trommelbremse angebracht, und das Hinterrad kann er mit dem Rücktritt und zusätzlich an der Felge abbremsen.

»Größtmögliche Sicherheit obwalten zu lassen, ist der beste Schutz vor unvermuteten Ereignissen«, lächelt er standhaft, wie Physiker eben lächeln. »Heutzutage muß man mit allem rechnen, ganz besonders in Berlin!« und schiebt beide Daumen hinter die poppigen Hosenträger.

Bei dieser kühnen Geste bemerkte Artur, daß der Physiker zwei Armbanduhren trug, an jedem Handgelenk eine. Falls eine mal ausfällt, gar nicht so dumm, fühlte er sich ein. Über dem verhaltenen Bauchansatz dieses Menschen aber entdeckte Artur dann die mattschimmernde Stahlschnalle eines stabilen Gürtels. »Zu viel Sicherheit ist doch irgendwie peinlich«, schüttelte Artur den Kopf und fuhr betont freihändig davon. Clemens Walter

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