: ARD im nationalen „Schwebezustand“
■ Ab 3. Oktober wollen die Westsender in ganz Deutschland strahlen/ Schielen auf höhere Gebühren
Stuttgart (taz) — Die Umwandlung der einst staatstragenden Rundfunkorgane der Noch-DDR in öffentlich- rechtliche Anstalten nach bundesdeutschem Vorbild will die ARD kräftig unterstützen. Auf einer zweitätigen Arbeitssitzung haben sich die ARD-Intendanten dafür ausgesprochen, den künftigen Länderanstalten die Übernahme des ersten ARD- Fernsehprogramms anzudienen. Sollten die DDR-Verantwortlichen zustimmen, könnte das Gemeinschaftsprogramm der Westsender bereits am Tag der Vereinigung ab Null Uhr dort über die Fernsehapperate flimmern.
Als Beitrag zur Fortentwicklung einer gesamtdeutschen Medienordnung verstehen die Intendanten auch ihr weitgehendes Kooperationsangebot einer Zusammenarbeit. ARD- Vorsitzender und HR-Intendant Hartwig Kelm machte deutlich, worum es dabei geht: Die neuen Strukturen sollen in ein integriertes ARD-System passen; ein späterer Beitritt zur Arbeitsgemeinschaft der Sender ist anvisiert. Kelm legte auch klar, daß die Landesanstalten auf heutigem DDR-Gebiet künftig schrittweise einen Beitrag zur ARD zu leisten hätten, der einen Anteil von 20 Prozent ausmachen dürfte. Die Westsender schielen dabei nicht nur auf die zu liefernden Programmanteile, sondern auch auf die Gebühren des erweiterten Sendebereichs.
Pobleme bereitet den ARD-Programmachern bei ihren Medienplänen allein der „Schwebezustand“: Abmachungen seien zwar inhaltlich gestaltbar, aber rechtlich nicht zu untermauern, erklärte Kelm. Die Vertragspartner fehlen, da die Landesrundfunkanstalten noch nicht gegründet sind; ein Beauftragter der Regierung soll erst in den nächsten Tagen benannt werden. Die Übergangsregelungen im Einigungsvertrag werden begrüßt, vor allem deshalb, weil privater Rundfunk in den neuen Ländern zunächst nicht möglich sein wird. Bei der Aufteilung der Medienpfründe wittert die ARD lediglich die Konkurrenz des ZDF. Sollten Deutschlandfunk und Rias erhalten bleiben, möchte das ARD dort integrierte Informations- und Kulturprogramme anbieten. Zum Liebeswerben des ZDF um beide Sender erklärte Kelm, er könne es nicht für gut heißen, daß vom nationalen Fernsehanbieter der nationale Hörfunk übernommen werde, der auf diesem Gebiet zudem keinerlei Erfahrung besitze. E.S.
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