ARBEITSMARKT UND KONJUNKTUR: DEN MERKEL-AUFSCHWUNG GIBT ES NICHT : Alte Konzepte der neuen Regierung
Es hätte so schön werden können: Die Jeanne D’Arque der Neoliberalen betritt die Bühne, und schon springt die Konjunktur an. Endlich kommen die lang ersehnten Jobs! Was von ihren Jüngern schon als „Merkel-Aufschwung“ zelebriert wurde, ist nach Einschätzung der jüngsten DIW-Prognose nicht mehr als heiße Luft: Eine grundlegende Besserung auf dem Arbeitsmarkt ist auch unter der neuen Führung nicht in Sicht. Das ist auch kein Wunder, denn die neuen wirtschaftspolitischen Konzepte sind die alten: sozialer Rückbau, ein blinder Sparkurs und ein Fortgang der Umverteilung von unten nach oben.
Merkel tritt damit in die Fußstapfen von Kanzler Schröder, der schon vor ihr den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit zugunsten des Kampfes gegen die Arbeitslosen aufgegeben hatte. Von der einst versprochenen Dienstleistungsgesellschaft wird nur eine Dienstbotengesellschaft übrig bleiben. Souffliert wird die Bundesregierung von „führenden deutschen Wirtschaftsinstituten“, die seit 30 Jahren Tipps zum gesellschaftlichen Rückbau geben. Arbeitsplätze lassen sich nach ihrer reinen Lehre ausschließlich über Lohnsenkungen schaffen.
Diese ökonomische Quacksalberei schafft keine Arbeitsplätze, sondern stellt nur eine Bereicherungsstrategie einer Elite auf Kosten der Mehrheit der Bevölkerung dar. Doch es gibt Auswege: im internationalen Vergleich sind in Deutschland die Steuern viel zu niedrig und die Sozialabgaben viel zu hoch. Ohne die vereinigungsbedingten Lasten wären die Sozialabgaben schlagartig vier Prozent niedriger. Hier muss umgeschichtet werden. Der Europäische Stabilitätspakt mit seinen willkürlich gewählten Verschuldungsgrenzen drangsaliert die öffentlichen Haushalte – und damit auch die Ausgaben für Bildung und Investitionen.
Verhätschelte Unternehmen schaffen keine neuen Jobs. Nur die Furcht vor echten Sanktionen kann Unternehmen abschrecken, Arbeitnehmer auf die Straße setzen und gleichzeitig Rekordgewinne einfahren. Altmodisch, aber gut: Mit Gesetzen muss der Staat mehr ökonomischen Druck auf solche Unternehmen ausüben. TARIK AHMIA